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ReinoDer Ansatz vom „geplanten Hit“ beschreibt Schlager sicher nicht hinreichend, ist aber für die meisten sicher irgendwie mit ihm verbunden. In der Mathematik heißt das „kleinster gemeinsamer Nenner“.
Leute, die in den 70er Jahren sozialisiert wurden und Rock und Pop als deutlich unterschiedliche Produktionsmodelle wahrgenommen haben, würden ihn auch für die Popmusik konstatieren (ohne jetzt diese Diskussion neu aufrollen zu wollen).
Es mag schon sein, dass vom Rock der 70er sozialisierte Musikhörer überdurchschnittlich häufig an den Weihnachtsmann glauben, aber wir wollen die Diskussion ja nicht neu aufrollen.;-)
Im Ernst: Bei einem behaupteten Gegensatz „kommerziell ausgerichteter Pop“ vs. „unkommerzieller Rock“ bin ich nicht dabei, das ist absoluter Mumpitz. Die gesamte Populärmusik des 20. und 21. Jahrhunderts unterliegt den Gesetzen der Marktwirtschaft und ist ohne sie auch überhaupt nicht denkbar.
Gibt es also Gemeinsamkeiten und gravierende Unterschiede zwischen Schlager und diesem Pop?
Schlager ist deutsch und Pop genuin angloamerikanisch, unabhängig davon, wo er produziert wird. Wenn wir mal nur von „mainstreamigen“ Produktionen sprechen, dann ist Pop für mich das, was den Sound einer Zeit definiert. Da denke ich z.B. an Spector, Motown, Bacharach, Glam-Rock, ABBA, Chic, Blondie, Synth-Pop der frühen 80er, Prince, Madonna, Pet Shop Boys, Britpop der Mitt-90er, TripHop, „Big Beat“, Timbaland, Neptunes, Lady Gaga usw. Daneben hat es auch immer den Pop gegeben, der außerhalb des Rampenlichts stattfindet, Bands, der treue Fan-Gemeinden haben, so wie XTC, Go-Betweens, Orange Juice, TV Personalities, Saint Etienne, Belle & Sebastian usw., die durchaus auch mal einen Zufallshit oder Achtungserfolg außerhalb des „Inner Circle“ erzielen und vielleicht auch im Feuilleton außerhalb der Musikzeitschriften auftauchen, aber nie richtig groß werden und das oft auch gar nicht wollen.
Beides hat für mich nichts mit Schlager gemeinsam.
gollumOhne den Begriff Schlager internationalisieren zu wollen:
Mir fiel gerade Danyel Gérards „Butterfly“ ein. Ursprünglich in Französisch veröffentlicht, dann in mehreren Sprachen, weltweit erfolgreich. Hat alles, was einen Schlager ausmacht, oder? – nicht nur in der deutschen Version.
Klar. Auch „Is This The Way To Amarillo“ klingt wie ein Schlager. Bestreitet ja niemand. Schlager ist kein geschlossenes System, sondern unterlag immer auch internationalen Einflüssen und musikalischen Moden. Das hatte ich ja versucht am Beispiel „My Boy Lollipop“ zu zeigen.
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