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@coleporter: Es ist nun einmal so, dass Wörter unterschiedliche Bedeutung haben und dass sich die Bedeutung von Wörtern im Lauf der Zeit verändert. Mikko hat das oben meiner Ansicht nach richtig dargestellt: „Schlager der Woche“ war die „Hit Parade“ bei RIAS. Dort wurde das Wort Schlager offensichtlich im damals gebräuchlichen Sinn „Hit“ oder „Erfolgsmelodie“ verwendet und bezeichnete offensichtlich (fast?) alle Formen der Popmusik.
Im Lauf der Zeit engte sich der Begriff des Schlagers auf seichte, banale deutschsprachige Popmusik ein, wobei das natürlich nicht über Nacht erfolgte, sondern im Verlauf von Jahrzehnten. Niemand bezeichnet heute einen Hit als Schlager, abgesehen von einigen Exzentrikern oder von Leuten, die das im Scherz tun. Die Bedeutung des Wortes Schlager hat sich also gewandelt und die Frage nach dem Wandel ist die eigentlich Interessante. Wenn man aber versucht, den heutigen und den damaligen Begriff von Schlager miteinander zu verbinden, dann muss das notwendigerweise in der Absurdität enden, wie Reino in seinen exzellenten Beiträgen schlüssig gezeigt hat:
ReinoDie ursprüngliche Bedeutung und der heutige Gebrauch des Begriffs widersprechen sich aber größtenteils. Das hat nichts mit Eingrenzung zu tun. „Schlager“ wird heute als Gattungsbegriff verwendet, während er ursprünglich eine reine Erfolgsaussage war. Es ist einfach unsinnig, beides unter einen Hut bringen zu wollen.
coleporterDann wird es dir nicht gelingen, eine Definition zu finden, die ich anerkennen kann. Ich sage ja: Es hilft nur Eingrenzung durch genauere Benennung.
ReinoDu würdest eine Definition anerkennen, bei der Gattung und Verkaufserfolg vermengt werden? „Schlager“ als Erfolgsbegriff grenzt die Definition ja nicht mal auf Musik ein. Und umgekehrt ist für jede Musik-Gattung völlig unerheblich, ob sie erfolgreich ist oder nicht.
coleporterTja, das ist die Crux: Man muss meines Erachtens einfach immer genau sagen, was man gerade meint, und kann sich nicht auf schicken und trennscharfen Definitionen ausruhen.
Das tut hier auch niemand, aber die Frage, warum Schlager im Laufe der Zeit von einem allgemeinen zu einem speziellen Begriff geworden ist, muss gestellt werden. Und der von Dir geschätzte Götz Alsmann hat diese Entwicklung nicht ohne Grunde den deutschsprachigen Musikern (und dem Publikum) selbst angelastet, die sich ihr eigenes musikalisches Biotop schafften und sich den progressiven Zügen der Popmusik vollkommen entzogen bis sie schließlich den Schlager zur kollektiven Verblödungsmusik machten, die wir heute kennen. Die Trennung des Schlagers von der englischsprachigen Popmusik ist daher heute geradezu kennzeichnend für das Genre. Dass das früher teilweise anders war, dass die Grenzen fließender waren, Schlager vielseitiger und näher an der englischsprachigen Musik, ist fraglos richtig. Aber das ändert nicht an der heutigen Situation, in der Schlager eben das alles nicht mehr ist.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.