Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › "Nimm mich so wie ich bin"? – Die Definition von Schlager (und Pop) › Re: "Nimm mich so wie ich bin"? – Die Definition von Schlager (und Pop)
ReinoDie Schwierigkeit, Schlager zu definieren, rührt schlicht auch daher, daß zu verschiedenen Zeiten unterschiedliches darunter verstanden wurde.
Mein Reden schon seit gestern.
Was wir heute für Schlager der 20er Jahre halten, sind überwiegend Songs und Couplets aus dem Kabarett. Und die haben sich aus völlig anderen Gründen bis heute gehalten als etwa „Ganz in weiß“. Ich bezweifle auch, daß sie wirklich so erfolgreich und verbreitet waren, daß sie den Begriff „Schlager“ (abgeleitet vom Erfolg der musikalischen Darbietung) verdienen.
Viele Schlager der damaligen Zeit hatten doch schon stark dadaistische Tendenzen, waren vielleicht erfolgreich, doch für ihre Zeit schon ziemlich abgefahren.
Ich vermute den Beginn eines die folgenden Jahrzehnte brestimmenden Schlagerbegriffs in den 50er Jahren.
Auch ca. ab da würde ich den Begriff ansetzen. (Auch wenn Schlager für mein Verständnis in den Siebzigern seine grössten Breitenwirkung hatte)
Andererseits wurden die Erfolgslieder von Peter Kraus kaum als Schlager wahrgenommen (auch wenn der Begriff damals wohl nicht so scharf umrissen war)
Hmm, da komme ich natürlich ins Straucheln mit meiner Theorie Schlager würde sich darüber definieren dass er sich häufig an andere Musikrichtungen hängt.
Meine Theorie: Damals war der Rock`N`Roll selbst in der verwässerten, verkitschten Version eines Peter Kraus für ein Spiessbürgerpublikum noch zu sehr der Geruch des „Rebellischen“ beheftet. nach heutiger Definition sind seine Songs sicher Schlager, nach der der Siebziger sicher auch.
Ich behaupte, der Begriff „Schlager“ hat sich im Laufe der 60er Jahre deutlich vom Attribut „erfolgreich“ entfernt. Keiner würde heute zweifeln, daß es erfolglose Schlager gibt, da er damit eine bestimmte Musikrichtung (wenn vielleicht auch jeder eine etwas andere) beschreibt.
Stimmt, der Begriff Schlager hat heute sicher wieder eine andere Bedeutung.
Interessant wäre in diesem Zusammenhang ein Blick auf das Werk von Roger Whittacker zu werfen. Ich habe den Eindruck, daß sein deutschsprachiges Schaffen wesentlich schlagerhafter ist, als sein englisches (ähnliches war sicher auch bei Adamo festzustellen, da aber hauptsächlich wegen der Texte).
Kenn mich mit Roger Whittaker nicht weiter aus, aber könnte dies nicht daran liegen, dass bei balladenhaften Liedern mit deutschen Texten generell die Alarmglocke „Schlager“ angeht?
Ich hatte mich vor einiger zeit mit Abi & Esther Ofarim beschäftigt, da ging es mir so, dass ich bei den deutschsprachigen Titeln ein viel unguteres Gefühl als bei den englischen hatte, obwohl sie sich musikalisch nicht grundlegend voneinander unterschieden.
Sind Porters Texte nicht zu intelligent und handwerklich makellos (was bei Schlagern ja ein No-go ist. Die müssen anscheinend schlecht gereimt sein)?
Gibt sicher auch gut gereimte Schlager.
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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.