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otisJa, Minos.
Viele Schlager der 60s waren Cover. Niemand kann auf die Idee kommen, das originale Mendocino als Schlager zu bezeichnen, die Version von Holm dagegen ist klassischer Schlager.
Oben vergisst du, dass diejenigen, die heute Heck hören etc. früher auch mal jung waren, und damals schon so eine Musik gehört haben.Der Schlager hatte in den 50s und 60s durchaus Akezptanz bei Teilen der Jugend. Sogar später noch.
Schlager als solcher ist ein deutsches Phänomen in meinen Augen. Während der Schlager der 20er Jahre noch eine gewisse Chansonhaftigkeit aufwies, wurde hierzulande damit eine Musikform etabliert, die vor allem nach dem Krieg mehr und mehr verwässerte und musikalisch immer schlechter und weniger abwechlsunsgreich wurde.
Die deutschen Schlager der damaligen Zeit resultierten teilweise aus der Operettenseligkeit, woraus ja auch einige Musikstücke zum Schlager wurden. So hat es das in anderen Ländern m.W. nicht gegeben. Weder diese heile-Welt-Operette noch die zusätzliche musikalische Verflachung.
Aber das ist alles ein weites Feld.
Die fehlende Öffnung der dt. Musik in den 30er, 40er und 50er Jahren hin zum Jazz etc. bei zusätzlichem Fehlen einer dt. traditonellen Musikkultur (es gab sie im süddt. Bereich, aber z.B. kaum im nord- oder westdt.) begünstigte die Entwicklung des Schlagers als recht eigenes dt. Gewächs, welches sicher auch Fans in anderen Teilen Europas hat (Holland, Belgien).
Die oben angesprochene musikalische „Volkstümlichkeit“ sehe ich erst neueren Datums ( in den letzten 20 Jahren vielleicht, so wie diese sich auch im Fernsehen breit gemacht hat) , würde ansonsten lieber von musikalischer Eingängigkeit sprechen.
Den Schlager musikalisch zu definieren muss schwer fallen, ich würde deshalb beim „popkommerziellen dt. Liedgut“ bleiben (natürlich ist Schlager Popmusik), ihn also aus seiner Geschichte und Herkunft heraus definiert sehen und eben nicht mit speziellen musikalischen Eigenschaften behaftet.
Internationale Titel würde ich deshalb grundsätzlich nicht Schlager nennen wollen, wohl aber mag man ihnen gern das Etikett „schlagerhaft“ anheften können.
Wenn man sich an einer musikalischen Definition abarbeiten will, so kommt meines Erachtens noch hinzu, dass man diese dann als fließend, abhängig von der Entstehungszeit, betrachten müsste. Was in den 20s Schlager war, war es in den 50s nicht. Was dort, wäre unter musikalischen Gesichtspunkten heute vielleicht Chanson.[…]
Good enough for me.
bullschuetzSchlager-Definition, Versuch
Deutschsprachiges Lied (weshalb es mit dem deutschen Wort „Schlager“ bezeichnet wird), das musikalisch wie textlich massiv auf eingeführte Versatzstücke und Bausteine zurückgreift und Innovationen in einer nachholenden Entwicklung mit einigen Jahren Verzögerung aufnimmt.
Ein Popsong lebt natürlich ebenfalls von der Verwendung gängiger Schemata, der Versuch, sie zu variieren, ohne sich ganz aus ihnen zu lösen, ist aber ausgeprägter. Motto: Mach das Gleiche, aber anders. Der Text von Lenas „Satellite“ zeigt das sehr deutlich: Klassisches Liebesthema, aber mit lackierten Zehennägeln und blauer Unterhose.
Pop neigt dazu, „zeitgemäß“ zu sein, auf der Höhe der Zeit, aktuell, auch „zeitgeistig“. Schlager neigt dazu, der Gegenwart immer einen jeweils nicht gar zu großen Tacken hinterher zu sein. Sprich: Schlager entwickelt sich in seinen Stilmitteln weiter, indem er im Pop bereits etablierte Stilmittel nachvollzieht.
Dieses Hinterherhinken halte ich auch für ein wichtiges Kennzeichen.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.