Startseite › Foren › Das Konzert-Forum: Wann, wer und wie › Und so war es dann › 15.05.2011, Pere Ubu, Hamburg, Fabrik
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Das Rolling-Stone-Forum, ein Hort für Unbekanntes und Obskures könnte man meinen, hier konnte bisher jedes Genre Fuss fassen, gleich ob Industrial, Afrobeat, Berliner HipHop oder gar AOR, und jede dieser Stilrichtungen hat auch seine überzeugten Anhänger die ihre jeweilige Lieblingsmusik bis aufs Messer verteidigen.
Doch sogar hier, in diesem Fluchtpunkt für Musik-Nerds, gibt es Interpreten die man sogar unter den hier gegebenen Umständen als „Geheimtipp“ einstufen kann.
In diese Kategorie dürften auf jeden Fall Pere Ubu eingeordnet werden, eine 1975 in Cleveland gegründete Avantegarde-Combo um den begnadet knödelnden Sänger David Thomas.
Benannt nach einer Satire von Alfred Jarry konnten sie sich über Jahrzehnte einen sehr kleinen, aber treu ergebenen Fankreis um sich versammeln.
Am 15. Mai 2011 war es endlich soweit, diese genialische Combo liess sich mal wieder im Norden Deutschlands blicken, genauer gesagt in der Hamburger „Fabrik“. Das Rolling-Stone-Forum liess es sich natürlich nicht nehmen seine beiden besten Leute, sam und BB, dorthin zu schicken um vom dem dort gesehen und gehörten zu berichten, denn die frohe Kunde solch grossartiger Musik muss einfach verbreitet worden!
Also, nachdem die beiden noch etwas die schöne Hansestadt unsicher machten begaben sie sich um 20.00 endlich in das Kulturzentrum, wo es erstaunlich leer aussah. „Kein Wunder!“ dachte BB, „irgendwie, irgendwo in den Weiten des World Wide Web habe ich doch gelesen das David Thomas seine Solo-Konzerte durchaus vor 4 oder 5 Leuten gibt. Vielleicht sind wir beiden ja diesmal die einzigen Zuschauer, wär doch auch mal ganz nett!“ und bestellte sich noch ein Bier. Doch halt – so nach und nach fand sich der ein oder andere Besucher ein, von einem vollen Konzertsaal konnte aber noch lange nicht die Reede sein. Teilweise fanden sich die Besucher an kleineren Tischen zusammen, teils nahmen sie auch auf den Art Emporen kurz vor der Bühne Platz, als plötzlich ein Raunen durch den Saal ging. Ein rundlicher, glatzköpfiger Mann in Hosenträgern betrat die Bühne, völlig unspektakulär. Auf einigen Gesichtern konnte man Verwunderung sehen. „Das soll der David Thomas sein“ dachten einige „derselbe David Thomas welcher als Berserker mit Hut der Trostlosigkeit des Lebens im Mittleren Westen der USA in apokalyptischen Sprachbildern Ausdruck zu verleihen wusste? Der Punk zwar nicht erfand, und der die spätere Punkexplosion auch nicht sonderlich beeinflusst haben dürfte, aber der mit Pere Ubu wohl eins der interessantesten Nebenprojekte der Musikgeschichte erschaffen haben dürfte, bei dem allerdings kaum jemand weiss wie man es richtig ausspricht? Echt, der ist das? Du liebe Zeit, was die lange Zeit im Showbusiness so alles anrichten kann!“ Natürlich zu Unrecht dachten sie das, den David Thomas ist in Wirklichkeit kaum gealtert!
Doch da geht es schon los: David bedient ein kleineres Gerät in seiner Hand, währenddessen die famose blonde Bassistin dies mit schrägen Klängen unterlegt. Da fängt er auch schon ins Mikro zu knödeln, und die musikalische Apokalypse nimmt mit „Heart of Darknes“ ihren Lauf, Michele Temple, die besagte Bassistin bediente ihr Instrument das es einem durch Mark und Bein geht, auch der Schlagzeuger Steve Mehlman legt sich ordentlich ins Zeug. Gleich der zweite Titel ist der Klassiker „Final Solution“, zumindest die erste Reihe fängt jetzt an sich im Rythmus zu bewegen, Ubu können es also immer noch, die Ästhetik von leerstehenden Fabrikgebäuden, Atombombentests in der Wüste und nirgendwohin führenden, verstaubten Highways in Töne umzusetzen.
Anschliessend folgte dann das gesamte Moderne-Dance-Album, Thomas unterbrach die einzelnen Songs stehts mit im süffisanten Studienrats-Tonfall vorgetragenen Anekdoten, durch seinen starken amerikanischen Akzent verstand man nicht alles, aber es ging wohl um Maoisten, die es in Cleveland zeitweilig zu Hauf gab, sowie um Sticheleien gegen Sting und Tina Turner und kleinere Erwähnungen von Ubus grossen Vorbildern, den Beach Boys.
Irgendwann begann auch BB sich dem treibenden Bass und dem hämmernden Schlagzeug zu beugen, sam dagegen, der alte Hase, hatte in seiner langen Zeit als Konzertbesucher schon einiges gesehen und blieb erstmal cool. Doch auch er kam nicht umhin zu loben wie getreu „Modern Dance“ trotz völlig unterschiedlicher Band-Besetzung nach über 30 Jahren auf die Bühne gebracht wird!
Auf einmal sah es so aus als wären Ubu schon zu Ende, doch da ertönte ein dröhnendes Gitarre/Bass-Intro, und David fing wieder an zu knödeln, und zwar „Navvy“, Ubus Hommage an alle betrunkenen Seeleute.
Nach einigen Songs wie „Dub Housing“ oder „Caligari´s Mirror“ waren sie aber tatsächlich zu Ende, und es ging zum Merchandising über. Tatsächlich sind Ubu so bodenständig geblieben das sie ihre T-Shirts und Poster noch höchstpersönlich verkaufen, auch sam und BB bewegen sich zur Bühne, sehen dann aber aus verschiedenen Gründen vom Erwerb diverser Devotionalien ab. Von nahem sieht David Thomas aber nun wirklich alt aus, seine grauen Bartstoppeln sind nicht zu übersehen.
Was, das interessiert euch alles nicht was hier steht, diese komische Band kennt doch eh keiner?
Ach Leute, lest es euch doch einfach mal durch, vielleicht weckt es ja doch euer Interesse, und ihr beschäftigt euch mal mit dieser wunderbaren Band, bei mir und sam hat es ja auch irgendwann geklappt!(So, hoffe ich habe alles richtig erinnert, sonst fragt einfach noch mal bei sam nach!)
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Sehr gut beschrieben, BB,
ich möchte hier noch mal bestätigen, daß David Thomas zwar äußerlich gealtert ist, was seine Präsenz auf der Bühne, seine Stimme und diese einmalige Gestik angeht, da ist er iein Erlebnis.
Da braucht es auch keine aufwändige Show.
Dann die Band, obwohl sie sicher lange gebraucht haben, die Ubu Klassiker einzuüben, kam das frisch und unverbraucht rüber.
Was noch unerwähnt blieb: Ab der zweiten Hälfte des Konzertes nahm David Thomas zwecks Stimmbandpflege immer mal wieder einen Schluck aus einem kleinen Schapsfläschchen.Auch wenn Pere Ubu trotz langer Bandgeschichte und Legendenbildung immer noch ein Geheimtip sind, mit diesem Konzert haben sie bewiesen, daß sie nach wie vor zu den ganz Großen gehören.
P-S.
Die Band spielt übrigens Ende Mai noch in Frankfurt und München, wer da Zeit hat, sollte sich das nicht entgehen lassen.--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Vom Hamburger Konzert gibt es noch nichts im Netz, trotzdem denke ich, man sollte hier mal einen aktuellen Mitschnitt der Tour reinsetzen.
Aus Brüssel (13.05.2011) Final Solution / Non-Aligment Pact--
BB, da hast du ja mal eine schöne, unkonventionelle Konzertkritik verfasst.So um 1983 habe ich einen Karton mit ca. 30 LPs geschenkt bekommen . Darin befanden sich neben allerlei Schrott auch Blank Generation von Richard Hell und die New Picnic Time von Ubu. Blank Generation habe ich heute noch, New Picnic Time habe ich nicht verstanden und später auf dem Trödel entsorgt. War wohl ein schlechter Einstieg. Jahre später habe ich dann „Final Solution“ gehört und war beeindruckt. The Modern Dance werde ich mir bei nächster Gelegenheit mal zulegen.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Wenzel, New Picnic Time habe ich nicht verstanden und später auf dem Trödel entsorgt. War wohl ein schlechter Einstieg. Jahre später habe ich dann „Final Solution“ gehört und war beeindruckt. The Modern Dance werde ich mir bei nächster Gelegenheit mal zulegen.
Muß Dir zustimmen, New Picnic Time ist schon ein recht sperrriges Werk. Der Nachfolger The Art Of Walking übrigens auch. (Beide Alben erschlie0en sich erst nach mehrmaligen intensiven Hören.( wenn´s auch schwerfällt:lol:)
Um so besser, wenn dieser Thread Dich dazu bewogen hat, mit Pere Ubu einen neuen Anfang zu wagen.:sonne:--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Hier gibt es gute Fotos vom Konzert
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Heute entdeckt:
Jetzt gibt es doch noch einen kleinen Ausschnitt des Konzertes auf You Tube, der „Sound“ ist zwar grausam , aber besser als nix--
Danke für den Link sam, man muss allerdings wirklich dazu sagen das es live tatsächlich um einiges hörbarer war, zwar auch verzerrter Gitarrensound, aber nicht auf die ganze Band übertragen. Und ich denke man bekommt einen Eindruck was für Entertainer/Storyteller-Qualitäten David Thomas hat!
(Übrigens sehr schade das zu diesem Clip noch kein einziger Kommentar geschrieben wurde, die Band scheint also auch ausserhalb des Forums nicht wirklich zu interessieren.)
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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.Pere Ubu eine band die ich auch mal gerne live gesehen hätte, schöner Bericht der Laune macht, zumindest ihr Modern Dance Album werde ich mal wieder ghervor holen
So auf den Live-Bildern wirkt die Band halt etwas bieder, vielleicht auch ein Punkt den man anders hätte gestalten können.--
Ich bin ein Arbeiter der Liebe, ich habe immer Vollbeschäftigung -
Schlagwörter: Pere Ubu
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