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skraggy

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Mass Effect 2

„Mass Effect 2“ ist eine Fortsetzung, wie man sie sich als Spieler wünscht. So gut wie alle Kritikpunkte am ohnehin schon großartigen Vorgänger wurden ausgemerzt und bis auf eine Ausnahme nicht durch kritikwürdige Neuerungen ersetzt. Was die Entwickler allerdings geritten hat, dröge Panzerfahrten durch dröges Planten Scannen zu ersetzen, werden auch sie mir nicht abschließend erläutern können. Aber gut.
Bioware legt bei Teil zwei seiner Space-Saga um Commander Shepard noch mehr Wert auf kompromisslose Action. Dies hat zur Folge, dass der ohne schon übersichtliche Rollenspiel-Teil des Vorgängers nocht weiter eingedampft wurde, sodass dem Spieler nun nur noch wenige, dafür aber höchst effektive Möglichkeiten zur Ausgestaltung des eigenen Charakters zur Verfügung stehen. Der Action-Teil des Spiels wirkt nun wie aus einem Guss. Man merkt deutlich, dass Bioware seine Hausuafgaben inzwischen gemacht hat, spielen sich die Shooter-Einlagen doch butterweich und gleichzeitig absolut präzise. Sehr schön. Wenn im dritten Teil noch das Deckungssystem so richtig funktioniert, kann „Mass Effect“ locker mit Titeln wie „Gears Of War“ in den Ring steigen.
Die Story des Spiels knüpft nahtlos an den Vorgänger an und beginnt mit einem Paukenschlag, an dem der Spieler für einige Sekunden zu knabbern hat. Wie sich herausstellen soll, gibt es in SciFi-Szenarien immer irgendwelche Hintertüren, sodass man nach anfänglichem Schock doch zügig in die Handlung eintauchen kann. Der „Mass Effect 1“ zu Grunde liegende neuerliche Versuch der sog. Reaper, alles Leben in unserer Galaxie abzuernten wurde von Commander Shepard in letzter Sekunde vereitelt. Stattdessen treiben nun die Kollektoren ihr Unwesen, eine Rasse, die gezielt Kolonien der Menschen überfallt und verschleppt. Woher kommen die Kollektoren? Was ist ihre Motivation? Wie kann man sie aufhalten? Klare Sache, das muss Commander Shepard ans Werk. Dieser befindet sich nun nicht mehr im Dienste des die galaktische Regierung bildenden Rats sondern arbeitet für eine zweifelhafte Organisation namens Cerberus, deren Ziel es ist, die Menscheit zu einer, wenn nicht sogar der dominanten Macht in der Galaxie aufzubauen. Wie Shepard zu Cerberus steht und sich mit deren Zielen und Idealen iendtifiziert, liegt ganz in den händen des Spielers. Unabhängig davon, muss dieser über weite Strecken des Spiels ein schlagkräftiges Team aus Soldaten, Attentätern, Medizinern, Technikern und Psychopathen sowohl rekrutieren als auch deren Loyalität gewinnen. Besonders letzteres ist von extremer Wichtigkeit, denn am Ende dieser Bemühungen steht die von Anfang an als Selbstmordmission deklarierte Konfrontation mit den Kollektoren. Ob und wenn ja, welche Teile des Teams bei dieser Mission das Zeitliche segnen und ob es gar Shepard selbst am Ende dahin rafft, hängt zu einem großen Teil davon ab, ob des dem Spieler gelingt, die Loyalität seiner Crew zu erlangen und in einzelnen Fällen auch aufrecht zu erhalten. Doch selbst wenn dies gelingt, ist der glückliche Ausgang der Mission für alle Team-Mitglieder nicht garantiert. Entscheidungen wollen in „Mass Effect 2“ also noch sorgfältiger getroffen werden als im Vorgänger.
Überhaupt Entscheidungen. Bioware gibt dem Spieler wesentlich größere Entscheidungsfreiheit als im Vorgänger. Zwar funktioniert das Dialogsystem prinzipiell noch genau so wie in Teil 1. Trotzdem wurde es an einigen Stellen einer fiesen Überholung unterzogen. Die Unterteilung von Antworten in die Kategorien „vorbildlich“, „neutral“ und „abtrünnig“ gilt zwar noch immer, doch kann eine prinzipiell „vorbildliche“ Antwort nun auch negative Konsequenzen nach siehen ziehen und umgekert. Die Welt von „Mass Effect“ ist also endlich etwas grauer geworden und bewegt sich nicht mehr in sturen Schwarz-Weiß-Bahnen. Zusätzlich kann der Spieler in laufenden Dialogen in Teil 2 nun spontan reagieren und diese abbrechen. An bestimmten Stellen blendet das Spiel ein Symbol für eine vorbildliche oder abtrünnige Intervention ein. Folgt der Spieler der Eingabeaufforderung, wird der Dialog mit einer entsprechenden Aktion Shepards unterbrochen. Fieserweise weiß der Spieler natürlich nicht, welche Aktion mit einer Internvention verknüpft ist, sodass man durchaus mal sprachlos vor dem TV sitzt, wenn Shepard im Rahmen einer abtrünnigen Internvention sein Gegenüber plötzlich krachend durch ein Hochhausfenster in die Tiefe befördert. Der Zugewinn an Dynamik in den Dialogen ist enorm. Zumal einige dieser Interventionen auch brüllend komische Aktionen nach sich ziehen.
Ein besonderer Reiz von „Mass Effect 2“ ist die Möglichkeit, einen Spielstand aus dem Vorgänger zu importieren. Dabei wird nicht nur der entsprechende Charakter aus Teil 1 übernommen. Auch diverse dort getroffene Entscheidungen wirken sich spürbar in der Fortsetzung aus. Beispielsweise kann man nun nicht mehr auf verstorbene Crew-Mitglieder treffen. JAuch besteht die Möglichkeit, eine im ersten teil begonnene Romanze in „Mass Effect 2“ weiterzuführen. Zwar erhält diese hier aus dramturgischen Gründen einen Dämpfer, aber die Entwickler versprechen, treuen Spielern in Teil 3 die Möglichkeit zu geben, diese Romanze zu einem Abschluss zu bringen. Grundsätzlich lässt sich also feststellen, dass die Möglichkeit des Spielstandimports den Wiedererkennungswert des Unversums ungemein erhöht.
„Mass Effect 2“ bietet Freunden des Vorgängers all das, was sie an dem Titel schätzen in noch besserer Ausführung. Die Dialoge sind vielfältiger, die Gesichtsanimationen ausgefeilter, die Action krachiger, die Charaktere tiefgründiger und die Handlung ist eine gelungene Weiterführung der Rahmengeschichte. Was will man mehr? Ich weiß, den dritten Teil!

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