Re: Berlinale 2010

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declan-macmanus

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Zwei junge Frauen und ein junger Mann treffen sich, fahren zusammen in die Berge, verbringen dort einen schweigsamen Tag und bringen sich im Auto mit Abgasen um.

Dass es hier um einen verabredeten Selbstmord geht und dass sich die drei im Internet dazu verabredet haben, stand leider schon in der Ankündigung. So ist der Film seiner Rätsel von Anfang an beraubt (Wer sind die drei? Was haben sie vor? Warum kennen sie sich nicht und fahren trotzdem zusammen in die Berge?). Der Film schaut seinen drei Protagonisten in sehr langen Einstellungen dabei zu, wie sie ihren letzten Tag verbringen. Zu hören sind nur sehr wenige sehr knapp gehaltene Dialoge, ansonsten nur Naturgeräusche. Sampieri erklärt nicht, warum die drei sich umbringen wolllen (nur von einer der Frauen heißt es, sie sei manisch-depressiv). Er lässt auch keine Identifikation mit einer der Figuren zu – alle drei bleiben angedeutet und keine der Figuren wird auch nur ein bisschen sympathisch gezeichnet. Zwischendurch sehen wir Handyaufnahmen, die der junge Mann ein paar Tage zuvor gedreht hat: Er zeigt einen Imker mit seinen Bienen und einen Schäfer, der seine Herde durch die Berge treibt. Und er filmt sich selbst an dem Ort, an dem die drei sich später das Leben nehmen werden, und berichtet stolz von seinem Vorhaben.

Einiges bleibt am Ende offen (Wer sind die drei und warum wollen sie sterben? Warum ist der Mann so erpicht darauf, noch Tankgeld von den anderen beiden zu kassieren und warum steckt er sein Handy und einen Stapel Scheine in einen Umschlag und schreibt etwas darauf? Welchen Sinn hat es, das die eine Frau ein Kopftuch trägt, außer dass der Mann sie demütigt, indem er ihr absichtlich ein Schinken-Baguette zuteilt, dass sie dann natürlich nicht isst? Wozu die Aufnahmen der Bienen und Schafe?). Leerstellen im Film können ja ihren Reiz darstellen – wenn sie denn eine Funktion haben oder etwas anderes an ihre Stelle tritt. Bis auf ein paar Ausnamen zeigt der Film aber nur ein bedeutungsloses Nichts. Auch im Publikumsgespräch wurde das nicht klarer: Der Regisseur will keinen Film über jugendlichen Selbstmord drehen, er will auch keinen Film über die Verabredung im Internet drehen, er will nichts erklären. Dass die eine Frau Araberin hat keine Bedeutung, dass der Mann Bienen und Schafe filmt hat keine Bedeutung usw. Was aber will er dann? Schade, dass er das offenbar selbst nicht weiß. Denn so bleibt (neben der Verärgerung darüber, dass das bisschen Plot, das der Film aufweist, schon vorher verraten wurde) von „Fin“ nur eine gedrückte Atmosphäre zurück – und ein Regisseur, der sich ohne erkennbaren künstlerischen Willen treiben lässt.

**1/2

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Lately I've been seeing things / They look like they float at the back of my head room[/B] [/SIZE][/FONT]