Re: Aus Dogears Singles Kiste

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dogear

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Terry und Phil – die Spector Connection
Terry Day: I Waited Too Long/That’s All I Want (US, 1962) Columbia 42427
with Jack Nitche (sic!) and his Orchestra, written and produced by Ali Hassan

Da wollte Columbia wohl ihrem Superstar eine Freude machen und Sohn Terry durfte eine Platte besingen. Spectors Kumpel Ali Hassan, der es kurz darauf auf das Label des Meisters schaffte (Malaguena/Chopsticks, US 1962, Philles 103) schrieb beide Songs, Jack Nitzsche (der am meisten falsch geschriebene Name im Business) übernahm die musikalische Leitung – das Resultat ist ein typischer früher 60er mid-tempo Teensong a la Paul Anka, allerdings mit mehr Ecken und Kanten. Die A-Seite kommt einem gleich recht bekannt vor und richtig Frankreichs Hervé Villard hat sich da einiges für sein „Capri, c’est fini“ (1965) abgeschaut. Nitzsche arrangiert hier sehr zurückhaltend (Drums, Bass, Bläser) und Melcher schlägt sich stimmlich recht gut – natürlich hat er zu lange gewartet und jetzt hat ihm jemand seine Flamme weggeschnappt -Teenage Depression.
Die uptempo B-Seite duettiert den Sänger mit dem typischen Girl Background, der durchgehend seine Gesangszeile wiederholt, Posaunen und Trompeten bestreiten den Mittelteil und man wartet (vergeblich) darauf, dass Melcher anfängt zu shouten – als Erstling durchaus gelungen.

Emil O’Connor: Some Of Your Lovin’/There Is A Time (US, 1962) Columbia 42617
arranged and conducted by Jack Nitzsche, produced by Terry Melcher

Terry Melcher sitzt hier zum ersten Mal auf der anderen Seite der Glasscheibe, unterstützt von Nitzsche hat er sich hier direkt bei Phil Spector bedient, der die Rhythm and Bluesige A-Seite schrieb und bereits Monate vorher mit Johnny Nash aufgenommen hatte (ABC 10181). O’Connor, ein schwarzer Rock’n’Roller aus San Franzisco klingt wie der junge Wilson Pickett und hätte gut auf das Atlantic Label gepasst. Die B-Seite, ein O’Connor Original, fällt etwas ab, vor allem dadurch, dass er zu sehr von den Backing Vocals (Gracia Nitzsche) dominiert wird. Die A-Seite ist aber ein Klassiker, mittlerweile rar und teuer ($ 40). Leider blieben weitere Aufnahmen „in the can“ – meines Wissens ist dies O’Connors einzige Veröffentlichung.

Terry Day: Be A Soldier/I Love You Betty (US, 1963) Columbia 42678
arranged by Jack Nitzsche, produced by Phil Spector

Endlich, jetzt aber richtig, hier hat der damals noch nicht so große Phil selbst die Regie übernommen und heraus kommt …. eine ziemliche Enttäuschung, zumindest wenn man etwas Wall-Of Sound-artiges erwartet. So bleibt die A-Seite, und das ist ja auch schon etwas, ein eingängiger 08/15 Rocker, durchaus mit Ohrwurm Potenzial. I Love You Betty hingegen ist ein Tearjerker, der Bobby Vee oder Pat Boone gut zu Gesicht gestanden hätte. Hier bestimmen Nitzsches Strings den Sound, das Schlagzeug ist mit reichlich Hall versehen und lässt Spectors Handschrift dann doch erkennen. Nach dem gesprochenen Mittelteil, singt Melcher dann gedoppelt weiter, was die Theatralik des Songs noch steigert – für mich die stärkere Seite.
Beide Terry Day Singles kamen mit Picture Sleeve, die allein liegen heute aber bei etwa $40 – da muss der Aufschwung, der ja in aller Munde ist, erstmal bei mir ankommen!!

Bemerkung zum Schluss:

Um Terry Melchers Schaffen scheint sich noch niemand intensiver zu kümmern – keine Discographie, keine Biographie, nur 7 knappe Seiten auf der Spectropop website – dabei umfasst meine TM Discographie mittlerweile ca. 180 Einträge!

Zu Jack Nitzsche sind die beiden folgenden CDs empfehlenswert:
Hearing Is Believing The Jack Nitzsche Story I (Ace 1030)
Hard Workin‘ Man The Jack Nitzsche Story II (Ace 1130)

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Der Rock ist ein Gebrauchswert (Karl Marx)