Re: Was macht einen guten Song (nicht Track!) aus?

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malibu

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Danke schon mal für deine Antworten!

MikkoAlso noch mal: ein guter Song funktioniert in jedem Arrangement, ob mit der Wanderklampfe begleitet oder als Techno Track bei 120 bpm, ob mit Bratgitarren aufgemotzt oder auf Keyboardteppichen schwebend.

Was bedeutet hier „funktioniert“? Grundsätzlich kann man jedes Lied, selbst eins Wolfgang Petry, recht einfach umarrangieren. (Das Ergebnis ist dann vermutlich genauso schrecklich wie das Original, also quasi kein Verlust..) Und man kann auch großartige Songs grauenvoll covern. Oder gehst du davon aus, dass man gute Songs wirklich nicht zerstören kann?

Insgesamt reicht mir diese Definition aber noch zu wenig, um einen guten Song auszumachen. Ich würde eher in Richtung innere Konsequenz gehen. Wie ist das Verhältnis zwischen Musik und Text? Passt das zusammen, geht es in die Tiefe? Ich finde es ziemlich schwer, das zu entscheiden, aber es muss ja auch nicht immer einfach sein..

Meine nächste Frage wäre, inwiefern eine Stilrichtung das Songwriting beeinflusst. Ganz unabhängig ist das meiner Meinung nach nicht. Punk Songs werden eher kurz und direkt auf den Punkt kommen, während bei Heavy Metal Songs eher haufenweise Teufel, Elfen, Drachen und so ein Zeug rumlaufen werden. Welche Liedtraditionen gibt es eigentlich?

Ein Song, ein Lied besteht aus Melodie in Verbindung mit gesungenem Text und folgt meist dem klassischen Schema von Strophe und Refrain. Dabei hat sich unser Songbegriff eben aus der tradierten Volksmusik Europas entwickelt. D.h. Bassläufe und rhythmische Muster gehören nicht genuin zum Song.

Du hast vermutlich recht, es ist besser den Begriff Song erst mal recht streng in der Liedtradition zu definieren. Das heißt also, wenn jemand bei einer Platte sagt, dass sie gute Songs haben, dass die Stücke dieser Platte eben auch liedhaft sind. Damit kann ich gut leben.

Rap und Hip Hop Songs sind m.E. keine Songs im klassischen Sinn. Wie überhaupt jedes in erster Linie auf Rhythmus und rhythmische Wirkung hin komponierte Musikstück eher nicht den klassischen Merkmalen eines Songs folgt. Ich bin aber keine Experte für Rap, Hip Hop, Funk, Jazz… Inwieweit da auf ganz andere Musiktraditionen zurückgegriffen wird und ob unser klassischer Songbegriff da überhaupt passt, kann ich nicht wirklich beurteilen.

Ich glaube, hier ist der Bereich, der mich vielleicht am meisten interessiert. Die Musiktradition von den genannten Stilrichtungen ist sicher der Blues. Und gerade dort wird die Melodie und auch die Harmonik zum Teil recht deutlich innerhalb verschiedener Versionen des gleichen Stücks variiert. Das wird dann in den genannten Genres durchaus noch ausgebaut. Geht es hier vom Song weg zum Track oder bedeutet hier Songwriting etwas anderes? Wie bewertet man hier eine Komposition?

Wenn ich aber populäre Musikstücke aus diesen Genres heranziehe, dann lassen auch die sich auf ein schlichtes Lied mit Wandergitarrenbegleitung reduzieren. Ist dann u.U. kaum noch wiederzuerkennen, aber es funktioniert.

Bei erstaunlich vielen Stücken klappt das. Ich kann mir aber ehrlich gesagt einen Techno-Track, der ausschließlich aus perkussivem Geknacke und Geplucker besteht, auf der Wandergitarre gespielt vorstellen, ohna dass es Zirkusartistik wird.

Was komplexe Musikstücke im Bereich Progrock betrifft, so lassen auch die sich im Kern auf ihren Liedcharakter reduzieren. Dabei fällt natürlich ein großer Teil der Inszenierung und des Arrangements weg. Allerdings kommt es dem Progliebhaber wohl auf das Lied, die reine Songstruktur nicht so sehr an.

Progrock habe ich nur der Vollständigkeit halber genannt, da habe ich keine wirkliche Ahnung. (In the Court of the Crimson King könnte man aber wirklich durchschraddeln.)

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