Re: Walter Kempowski

#7324659  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 4,882

grünschnabelIch muss passen. Ich kenne den Roman nicht und habe auch dessen Aufnahme von Lesern und Kritikern nicht verfolgt. (War auch etwas vor „meiner Zeit“.)

War auch lange vor meiner Zeit. Aber vielleicht weiß jemand anderes was? Kempo ist 1970 nach nur 2000 verkauften Exemplaren vom Block bei Rowohlt rausgeflogen. Wäre sicher nicht passiert, wenn die Kritik das Buck gut aufgenommen hätte.

Ich möchte Dir den Block aber wärmstens empfehlen, auch wenn das jetzt so klingt wie: „You like Kempowkis Tadellöser & Wolf? Well, I prefer his early stuff.“ ;-)

Ich empfinde es beim „Tadellöser & Wolf“ allerdings auch so, dass es für eine derartige Darstellungsweise ein hohes Maß an dichterischer Qualität braucht. Das gilt zum einen sicherlich für sprachlich-stilistische Dinge: Dass die Montage äußerst lakonischer Erzählerberichte dazu führt, dass man die Verdorbenheit von Zeit und Menschen quasi mit Händen greifen kann, ist gerade auch vor dem Hintergrund der engagierten Nachkriegsliteratur ein neuer Glücksfall gewesen. Du guckst ja bei Kempowski wirklich selbst den Leuten durchs Fenster zu – und da liegt alles offen, da benötigt man ja gar keinen auktorialen Fingerzeig.
Und das ist für mich der zweite Punkt. Ich verstehe Dichter als unglaublich versierte Beobachter, die ihre Beobachtungen dann so scharfkantig montieren und vermitteln, dass man glaubt, durch ein Brennglas zu schauen. Darin liegt m.E. auch bei Kempowski der Clou.
Es würde mir schwer fallen, eine Kritik an ihm zu akzeptieren, die ihm vorwirft, Zusammenhänge zu verharmlosen, zu wenig Stellung zu beziehen.

Sehr schön ausgedrückt.

Ich habe den Block noch nicht durch. Später fällt mir bestimmt noch mehr dazu ein und vielleicht anderen auch. Vielleicht kann man das im Kempowski-Thread weiterführen.

--

„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)