Re: Walter Kempowski

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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grünschnabelDie Auswahl und Anordnung des „Stoffes“ sowie den Tonfall des Ganzen. Du hast ja trefflichst angemerkt, dass es eine – vordergründig – keinesfalls engagierte Erzählweise ist. Kein moralinsaurer Exkurs, keine Belehrung – nicht mal der Begriff „Ironie“ passt hier. Es ist ja ein altes Lied: Zuweilen liegt in der Beschränkung die höchste … – na ja, den K-Begriff mal außen vor.
Es ist eben auch kein dokumentarischer Roman, es ist Dichtung im Sinne verdichteter Lebenswirklichkeit. Eine solche Verdichtung zu gestalten, halte ich für bemerkenswert und hervorhebenswert.

Für das Lob meiner „trefflichsten“ Anmerkung bedanke ich mich herzlich. Ich bin ja alles andere als ein Literat, weil sehr lesefaul und auch leicht von einem Buch gelangweilt. Nicht aber von Im Block. Dort fällt mir auch besonders Kempowkis Technik der leidenschaftslos wirkenden Collage von scheinbaren Trivialitäten auf, die vieles dem Leser selbst überlässt. Ist das eigentlich damals, bei der Erstveröffentlichung des Buches, so erkannt worden? Man könnte das ja auch leicht als tatsächliche Trivialität oder sogar als schriftstellerisches Unvermögen missverstehen.

Wo hat Kempowski diese Technik her? Das wirkt zunächst sehr eigenartig und irritierend. Vielleicht auch modern? Aber sowas erfindet man ja nicht einfach mal so. Ein bisschen was konnte ich googlen und weiß immerhin, das Kempowski zunächst versucht hat, seine Geschichte in einem ganz anderen Stil zu erzählen, dies jedoch verworfen und schlussendlich zur Collage gefunden hat. Auf mich wirkt es fast so, als hätte er seine bruchstückhafte Erinnerungen der 8 Jahre in Bautzen in Form von rückblickend gemachten Notizen einfach aneinandergereiht. So einfach ist es aber sicher nicht, denn der Text sieht sicher nicht zufällig so aus wie er aussieht. Und er würde dann auch nicht so gut funktionieren.

Das K-Wort braucht man nicht zu bemühen, denn dass Kempowski mit Im Block etwas geschrieben hat, das etwas ganz anderes ist als eine bloße Dokumentation, ist für mich offensichtlich. In der Tat sehr bemerkenswert.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)