Re: Die besten Prestige Alben

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gypsy-tail-wind
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Na ja… irgendwann hab ich von der kopflastigkeit von „Giant Steps“ absehen können und kann die Aufnahmen mittlerweile frei von Kopflastigkeit geniessen… hat aber viele Jahre gedauert!

Ein gutes Wort jedoch für die „Coltrane Jazz“ sowie die Oktober 1960 Sessions (auf „My Favorite Things“, „Plays the Blues“ und „Coltrane’s Sound“) – die sind meines Erachtens überhaupt nicht kopflastig. Das einzige konezptionelle daran ist wohl, ein ganzes Blues-Album zu machen, aber da sind so wunderbare Sachen drauf zu hören, und von einem eigentlichen Konzept ist auch überhaupt nichts zu spüren. Im Gegenteil, für mich klingt die Musik noch immer völlig frisch und frei – und auch wenn ich „Coltrane“ (das erste Impulse-Album, am besten in der Deluxe 2CD-Edition!) extrem gerne mag geht da irgendwie bei aller Grösse und Tiefe von der Atlantic Zeit etwas an Frische verloren.

Diese Diskussionen hier lassen mich zum frühen Coltrane zurückkehren… hab heute abend die „Miles“ gehört, also die November 1955 Prestige-Aufnahme, dazu die beiden Live-Stücke vom Tag danach (jazzdisco gibt Oct 18, 1955 für die Live-Session bei Steve Allen, im Concord-Set ist Nov. 17 angegeben, „Miles“ wurde am 16. Nov. aufgenommen), beides aus der Concord 4CD Box „The Miles Davis Quintet – Legendary Prestige Quintet Sessions“. Die und die drei Coltrane-Boxen („Fearless Leader“ mit den eigenen Alben, „Interplay“ mit den Jam Sessions und Co-Leader Alben, sowie „Side Steps“ mit den Sidemen Alben) sind wohl der beste Weg, die Coltrane Prestige-Zeit heute abzudecken. Die Boxen sind sehr sehr schön gemacht, enthalten gute (kurze) Texte in den Booklets, dazu Abbildungen der Original-Cover und die Original-Liners und natürlich eine Diskographie, sowie schöne Fotos. Und das beste ist, dass sie ziemlich preiswert zu haben sind, wenn man sich etwas umschaut oder Geduld hat… auf amazon.de sind sie derzeit allerdings eher teuer).
Leider fehlen auf den Sidemen und Jams Sets jeweils die Stücke ohne Coltrane, das betrifft die Alben „Cattin‘ with Coltrane & Quinichette“, „The Cats“, sowie die beiden Gene Ammons-Alben… und natürlich das Album von Rollins mit der Miles Rhythmusgruppe, wo Coltrane nur auf einem Stück mitspielte. Von einem Red Garland Album (Dig It) und einem Art Taylor Album (Taylor’s Wailers) ist je nur ein Stück drin – die stammen von anderen Sessions und wurden auf den betreffenden Alben mit Sessions ohne Coltranes Mitwirkung veröffentlicht. Richtig blöd ist die Sache eigentlich nur bei „The Cats“ und „Cattin‘ with“, wo das Trio-Feature bzw. das Quinichette-Feature fehlen.

Also… zu den 1955er Miles Sessions… da klingt Coltrane irgendwie schon ziemlich gut, das stimmt, aber mich dünkt dass er manchmal rumfummelt und sein Kopf weiter ist als seine Finger, dass er mal was versaut oder einfach nicht recht hinkriegt. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, und eben: sein Ton ist schon ziemlich gut.

Jetzt läuft nochmal „Chamber’s Music“ (ursprünglich auf Jazz West, dann 1976 auf Blue Notes Doppel-Album „High Step“ mit der Transition Session und Teilen von „Whims of Chambers“, danach auf einer CD mit der Transition Session, glaub ich… und zuletzt mit all den genannten Sessions, sowie den beiden anderen Chambers Blue Notes und der Chambers/Blakey Duo-Session auf dem „Mosaic Select“ von Chambers – sehr zu empfehlen und derzeit noch zu haben).
Auch hier klingt Coltrane noch rauh und ungeschliffen, aber es gibt auch gute Momente, z.B. auf einer frühen Version von „Trane’s Blues“.

Und um das noch ausführlichen wiederzugeben mit Hentoff etc: Dan Morgenstern schrieb die Liner Notes für die erwähnte Doppel-LP 1976, er zitiert darin diese frühen Statements zu Coltrane, ich tippe das mal ab, damit ihr’s korrekt und komplett habt hier:

It is equally startling to recall the controversy aroused by the playing of the almost unknown 29-year-old tenorist in the group [dem Miles Davis Quintet – gtw]. What Coltrane was offering when he first joined Miles seems starkly simple in the light of what came later. Nonetheless, his sound and style struck many listeners as abrasive, and few critics knew what to make of the music of this intense, serious man. In his playing on the first LP with Miles, Nat Hentoff found „a general lack of individuality“ (!) while Ralph G. Gleason’s assessment of the disc containing the first six items on this set included these lines: „Coltrane sounds best on Visitation where his tone and attack are not so freakish.“ [auf dem Stück spielt er gar nicht mit… – gtw]
It may not be cricket to second-guess one’s colleagues, but the point here is not one-upmanship but historical perspective. I wasn’t yet writing about jazz in 1955, but my first reaction to Coltrane was not much more perceptive. I was put off mainly by his tone, which seemed dry and harsh.
~ Nat Hentoff, aus den Liner Notes von „High Step“, Blue Note BNLA 451-2, 1976

Und Hentoff schreibt auch noch ganz kurz über die Lehrmeister und ehemaligen Bandleader von Coltrane und ihre Bedeutung:

No doubt he learned important things about his art and craft from work with Eddie Vinson, the Texas blues shouter and Parker-tinged alto saxophonist, and he acknowledged that Earl Bostic, in whose succesful combo he spent a year or so, had taught him a great deal about saxophone technique of the kind you don’t learn in school. And from the period with Johnny Hodges, that supreme master of melodic exposition, came a legacy he cherisched and applied in his own distinctive way.
The pontentially most significant pre-Miles assotiation was with Dizzy Gillespie, but the bulk of that was spent playing third also in Dizzy’s big band, though there was a short stretch in a combo Diz put together after the band broke up. Trane was back on tenor for this, and Milt Jackson, Kenny Burrell and Percy Heath were also aboard. There were also brief stints with Bud Powell and Jimmy Smith before Miles beckoned. By then, he was ready, and even if the world of jazz wasn’t ready for him, acceptance would have to be on his terms.
~ Nat Hentoff, aus den Liner Notes von „High Step“, Blue Note BNLA 451-2, 1976

Und jetzt bin ich schon bei der Transition-Session angekommen mit hören… und da ich neulich grad diesen Thread wiederfand, wo es auch ein Zitat von David Wild gibt (dessen Website kann ich nicht lesen momentan, hoffe die kommt wieder!) Link (Post #26) < - sehr schön der Satz über Red Garland: "Then Roland Alexander takes over for Garland, who was unable to make the date due to chorus girls" (aus Chuck Israels Liner Notes für Transition TRLP-30 "Jazz in Transition", einer Compilation, die den einzigen damals veröffentlichten Track der Coltrane/Fuller Session enthielt, "Trane's Strain")

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