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Ohne den Thread wirklich gelesen zu haben doch einige kurze Anmerkungen, da dies doch ein Thema ist, das mir oft sauer aufstößt.
Ich denke zunächst einmal, dass sich eine pauschale Antwort darauf, was ein guter Text ist, verbietet.
Es gibt nämlich einige Dinge zu berücksichtigen:
Manche Leute glauben ja, einen Song konsequent dafür kritisieren zu müssen, wenn er keine tiefgründigen, sozialkritischen Inhalte vermittelt. Songtexte sind demnach automatisch gut, wenn sie tiefgründig in diesem Sinne sind und schlecht, wenn dem nicht so ist.
Diese Betrachtungsweise lehne ich aus verschiedenen Gründen ab.
Auf einer ersten Ebene könnte man den subjektiven Blickwinkel des Hörers ansprechen. Ein Text, der für den einen gut ist, kann für jemand anderes völlig irrelevant sein. Was für den einen eine tiefgründige Aussage ist, mag für den anderen seichte Lyrik sein (Bsp. Imagine, John Lennon)
Zweitens gibt es in der Sparte Rock und Pop ganz objektiv gesehen eine Reihe unterschiedlicher Genres und Stile, in denen Texte völlig unterschiedliche Funktionen übernehmen. Discosongs beispielsweise legen das Schwergewicht auf den Rhythmus, und die Texte sind meist auf Schlüsselwörter reduziert. Kann man deswegen behaupten, dass Discosongs über schlechte Texte verfügen? Nein, denn in diesem Rahmen sind sie vielleicht die viel besseren Texte (hallo Disco-Hasser, das war nur ein Beispiel, man könnte auch die elektronische Musik von Kraftwerk anführen, bei denen minimalistische Sprachfetzen mit Musik zusammen eine Wirkung entfalten). Schließlich gibt es mit Instrumentals auch Stücke, die völlig ohne Text auskommen und den Schwerpunkt auf Melodie und Arrangement legen. Es wäre Blödsinn, zu sagen, dass diese Stücke minderwertig sind, weil sie keinen Text besitzen. Die Musik ist in diesem Falle die Botschaft.
Ich wünsche mir einfach einen differenzierteren UMgang mit Texten, der den jeweiligen Kontext berücksichtigt. Es ist aus meiner Sicht einfach falsch zu glauben, dass der wortgewaltige metaphorische Text (so die einen) oder der sozialkritische, direkte Text (so die anderen) „gut“ sind und anderes schlecht. Es kommt halt immer darauf an, und es gibt subjektive Wahrnehmungsunterschiede. Manchmal können simple Textzeilen für den Song „gut“ sein, während komplizierte Lyriks in kaputtmachen würden. Als Beispiel nenne ich doch „Confusion“ von ‚meinem‘ Electric Light Orchestra. Der Text konzentriert sich praktisch um dieses Wort, alles andere ist Füllwerk. Liest man das ohne die Musik, mag es nicht beeindrucken. Aber im Zusammenhang mit dem bombastischen Arrangements ist genau das für mich der richtige „gute“ Text, weil er diese Emotion, die durch die Musik erzeugt wird, schlagwortartig verstärkt. Würde hier jetzt ein Text über Hiroshima und Sozialkritik kommen, würde es meiner Meinung nach die Stärke des Stücks zunichte machen, denn eigentlich handelt es sich um Arrangement-betonte Musik, bei der der Gesang fast eine weitere Instrumentenspur ist und alles abrundet, aber eben nicht im Mittelpunkt steht.
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