Re: Gute Texte – mit Begründung!

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Gang of One

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Nina Nastasia – „Our Day Trip“ (besondere Betonungen kursiv):

Let’s not go to work this morning
Let’s not wait to leave the city
We’ve got just enough money

Let’s see how far we can amble
One day can make all the difference
Rinse the red dirt in the water

Can you stay with me and tell them you’re sick
I’ll pack us a meal for our day trip

We’ll be safe out in the sun
We’ll split a bottle on a boat
Two souls alone out on a lake

It will be the perfect afternoon
We can lose our clothes and have a swim

Your free hand waving from the gate
The metal shining at your waist
You had so much more ambition

Songtexte können auf viele verschiedene Weisen gut sein (im Eingangspost stehen ja schon ziemlich viele Möglichkeiten). Rein spielerische oder unsinnige Texte haben ebenso ihren Reiz wie solche, die uns etwas vor Augen führen (einen Charakter, eine Szene, eine Situation, ein Gefühl). Wichtig ist, dass der Text dem Hörer etwas zu tun gibt, etwas zum Spielen oder zum Nachdenken (oder zum Wundern).

An „Our Day Trip“ mag ich, dass der Text nicht zu viel sagt, uns aber die Situation des Paars erahnen lässt (nicht viel Geld und nicht viel Zeit füreinander…). Mehrere Strophen lang malt der Sprecher seinen Wunsch aus, der ihm sehr wichtig ist („one day can make all the difference“), bis in der letzten Strophe die Realität hereinbricht: Der Partner winkt zum Abschied, und wir wissen: Der herbeigesehnte Ausflug wird nicht stattfinden. Die Schlusszeile „‚You had so much more ambition“ deutet an, dass es ein Scheißjob ist, den der Partner tagein tagaus zu leisten hat. „Our Day Trip“ ist damit ein gelungenes Beispiel für sparsames Storytelling.

Einen auf ganz andere Art guten Text von Nina Nastasia hat hier übrigens Carrot Flower analysiert. „Counting up your Bones“ besticht durch seine Bilder und seine Vieldeutigkeit – der Song gibt sein Rätsel nicht so leicht preis, und gerade das ist reizvoll.

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To Hell with Poverty