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Ah Um@ otis:
Du siehst also eine in Self Portrait eine „Offenbarung der Orientierungs- und Hilflosigkeit“. Sehe ich auch so. Allerdings sind Orientierungs- und Hilflosigkeit erst mal klar negative Dinge. Für ein Kunstwerk eigentlich ein vernichtendes Urteil. Einem Hilflosen zuzusehen oder -hören ist erstmal etwas Unergötzliches.
Du wendest es aber in etwas Positives, indem du sagst, diese Offenbarung sei gewollt (ein „schonungsloser Offenbarungseid“) und mache sympathisch, weil man sich ja mit der eigenen Orientierungslosigkeit darin wiederfinden könne.
Letzteres habe ich in keiner Weise gesagt, gemeint oder angedeutet. Nicht von meiner war die Rede, sondern von Dylans Hilf- und Orientierungslosigkeit gegenüber einem Musikmarkt, Publikum etc., die sich in SP kundtut, auf die er in Gestalt der Platte eine Antwort gefunden hat. Keine künstlerisch überragende, eine zerfaserte, eine zu lange, meinetwegen, aber mit einigen sehr großartigen Momenten.
Dein Konstrukt, unergötzlich sei es, einem Hilflosen zuzusehen, geht an der Sache völlig vorbei. Nicht diese „Hilflosigkeit“ steht ja zur Wahl, sondern das künstlerische Produkt, das aus ihr hervorgekrochen ist. So ist „Hunger“ ein großartiger Roman, die Produktionsbedingungen mag ich mir nicht vorstellen.
Noch einmal: Nicht Dylans Kreativität war auf einem Tiefpunkt zu Zeiten von Self Portrait, vielmehr scheint mir sein Bewusstsein von seiner Stellung in der Musikwelt zu jener Zeit käftig zerrüttet.
Leg sie einfach mal wieder auf.
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