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Selten genug, dass es in der Südwestpresse mal ein halbwegs unterhaltsames Interview im Feuilleton zu lesen gibt. Mir gefällt die Gelassenheit der Interviewten, die sich auch in der Musik widerspiegelt.
Der Motor springt immer an
Interview zum neuen Album von „Element of Crime“
Mit „Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie“ (Vertigo Berlin) veröffentlicht die Band „Element of Crime“ ihr 13. Album. Ein Gespräch mit Sänger und Texter Sven Regener sowie mit Schlagzeuger Richard Pappik.
UDO EBERL
Sie haben direkt nach dem Soundtrack für den Film „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ mit der Arbeit am neuen Album begonnen. Hatten Sie da einen besonders guten Lauf?
SVEN REGENER: Für mich, der nicht andauernd Songtexte schreibt, war das sehr angenehm. Es gab da nicht diese hohe Schwelle, vor der man sich überlegt, wo fange ich jetzt an. Ich konnte für den Film Liedertexte schreiben, die sich direkt auf Szenen bezogen. Ich war also schon in diesem gewissen Modus drin.
Galt das auch für die Band und die Musik?
REGENER: Die Band kannst du immer anwerfen. Die ist wie ein alter Diesel, der in der Scheune steht. Du drehst den Schlüssel, und erst qualmt die Kiste mächtig, aber dann läuft sie. Unser großer Vorteil: Wer nicht muss, kann immer.
Wie entstehen die Songs von Element of Crime?
RICHARD PAPPIK: Wir jammen auch schon mal im Übungsraum, obwohl das unsere Sache nicht ist. Aber jeder hat bereits Songideen dabei.
REGENER: Songs schon, aber leider keine Texte (grinst). Und ich muss zugeben, nicht zu jeder Musik kann ich passende Texte schreiben. Wobei ich der Meinung bin, dass dies eher an meinen eingeschränkten Möglichkeiten liegt. Am Ende des Tages geht es immer darum, zu wissen, wo ein Song hin will. Er muss sein eigenes Leben entwickeln können. Je einfacher und lässiger es am Ende klingt, desto besser.
Und das ist harte Arbeit?
REGENER: Das ist mit einem Film vergleichbar. Wenn man da Leute plaudernd im Biergarten sieht, vergisst man gerne, dass zusätzlich zum Tageslicht 20 Scheinwerfer die Szene beleuchten. Ähnlich ist es bei der Entstehung eines neuen Albums im Studio. Das ist ein spannender Transformationsprozess.
Mit „Kopf aus dem Fenster“ haben Sie dem neuen Album einen Song voran gestellt, in dem Sie, Herr Regener, den singenden Kotzbrocken geben und von dem man nicht recht weiß: Entspringt er dem Wissen um Demenz oder ist er einfach surreal.
PAPPIK: Vielleicht ist es aus der Demenz heraus entwickelter Surrealismus.
REGENER: Aber es geht auch um Sex. Eindeutig. Man muss wohl kein Freudianer sein, um die Begriffe Wurst, Mayonnaise oder Gurken deuten zu können. Aber: Man kann so etwas natürlich auch anders interpretieren.
Ebenso wichtig wie diese Doppelbödigkeit scheint auch das Festhalten am typischen Sound von „Element of Crime“ zu sein.
PAPPIK: Diese Band hat ihren Stil. Leonard Cohen macht ja auch nicht plötzlich experimentelle Musik.
REGENER: Es ist unsere verdammte Pflicht so zu klingen. Es drängen sich ja auch nicht an jeder Ecke Bands auf, die unseren Part übernehmen könnten. Wir haben eigentlich nur drei, vier Lieder, die wir so oder so ähnlich immer wieder machen. Ich bin der Meinung, das ist ganz schön viel – ein Lied kann für drei erfolgreiche Platten gut sein.
Wie viel Mut gehört denn dazu, zwischen Lyrik pur und Song-Kurzgeschichten solch geschmeidige Textzeilen wie „Der liebe Gott liebt dich, und wenn nicht, dann bin ich noch da“ oder „Am Ende denk ich immer nur an dich“ rauszuhauen?
REGENER: Es gibt kein Abgrenzungsproblem. Wir müssen nicht beweisen, dass wir kein Schlager oder Punk sind. Eigentlich mag ich persönlich fast alle Songtexte, nur solche, die zu flach sind und Schlaumeier-Texte nicht.
Will man kaum glauben.
REGENER: Doch. Da bin ich ultraliberal. Der Musik verzeihe ich alles. Auch totalen Quatsch.
Erscheinungsdatum: Donnerstag 08.10.2009
Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/
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I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.