Re: SOUNDS Nr. 6 (Michael Jackson)

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tolomoquinkolom

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Beiträge: 8,651

@otis:
Falls Dich Goebels vollständiger Text interessiert, hier der Link.
Joey Goebels Nachruf in DIE ZEIT

Sonic JuiceWas ist daran eigentlich so verwerflich? Das ist nicht zynisch, sondern vernünftig. Wer als Herausgeber/Chefredakteur/Journalist einer Musikzeitschrift diese Steilvorlage nicht nutzt, sollte sich schnell einen anderen Job suchen. Man wird ja damit rechnen können, dass das die erfolgreichste Sounds-Ausgabe bis dato sein wird.

Wettrennen sind selten vernünftig. Eine würdigende Betrachtung der Person und deren Gesamtwerk erscheint in der Form einer “Steilvorlage” unwahrscheinlich. Was davon (außer den eingekauften Nachrufen) tatsächlich aktuell sein wird, wird man im Heft lesen können. Neben den Archivausgrabungen (1981 bis 1992) werden ja hoffentlich nicht alle zusammengetragenen Beiträge eine antike Staubschicht haben, wie der von Bernd Gockel (1988) oder dem Fosil Ben Fong-Torres (1971). Geschäftlich erfolgreich wird das Sonderheft ohne Zweifel, denn die neu formierte Trauergemeinde aus Jackson-Fans, Gaffern und ehemaligen Hassern wird diese Sounds ebenso flott einkaufen, wie seinerzeit die für Lady Di auf CD gepressten Windkerzen von Elton John oder jene gelbgeilen Gazetten mit Bildern einer in Paris gefalteten britischen Prinzessin.

Im Übrigen geht es ja auch weniger um das Thema Jackson, sondern um das Event an sich. Explosionsartig auftretender Betroffenheitsjournalismus und tränenreiches Medien-Brimborium würde mit Britney Spears oder der ebenfalls talentfreien Madonna auch funktionieren. Das Todespersonal ist austauschbar.

dougsahm@die Kritiker von Sounds: Wenn ihr umsatz- und kostenverantwortlicher Chefredakteur des Blattes wäret, was hättet ihr konkret anders gemacht?

Wo es nur noch um Umsatz geht, ist für Qualität wenig Platz. Es geht im Übrigen weniger um die Kritik an Sounds, als um den fahrenden Zugsprung dieser Sondernummer “um etwas Gültiges” zu publizieren. Es war hier zu lesen, dass sich “Sounds (by Rolling Stone) ohnehin als Art Sonderheft der Muttermarke” sieht, “sich beide Hefte per definitionem mit Popkultur beschäftigen” und Michael Jackson offenbar als wichtigen Teil dieser Kultur betrachten. Dass dieser plötzliche Wahrnehmungswandel erst durch den Ikonen-Tod erfolgt, macht stutzig. Wenn der King of Pop so wichtig war, wäre der Rolling Stone in den letzten Jahren ein prima Platz gewesen. Leider war Jackson da als vorverurteilter Kinderschänder und Freak so gar nicht Pop, da half nicht einmal ein Freispruch.

In den Jahren zwischen 1994 und 2006, das sind immerhin 13 Jahre, war Michael Jackson dem Rolling Stone 1 Special (2004), 3 Artikel, 7 Randnotizen und 11 Marginalien wert. Wohlgemerkt, es geht hier um den selben King of Pop, dem jetzt im Orbitalheft des Rolling Stone mit einem “Goodbye, Michael!” und mit großer Geste nachgetrauert wird. In etwa selbigem Zeitraum wurden im Rolling Stone 5 Alben von Jackson besprochen, die in den Ohren der Rezensenten wahlweise “ein Ärgernis”, etwas “altmodisches mit Fistelstimme und zickigen Bläsersätzen”, etwas “unbezwingbar Banales mit Petitessen, die in ungefährer Höhe von Michael Jacksons… Mitte hängen”, “ein trauriger Niedergang” oder “etwas für alte Mädchen, das für eine Verurteilung hätte reichen müssen” waren. Wie nun im neuen Sounds die Rezensions-Remixe der Jackson-Alben aussehen werden, ist als Spannungselement zu werten.

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