Re: 05.07.2009

#7200231  | PERMALINK

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The Horst of all Horsts

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Wolfgang DoebelingNun gut. Schade, um nicht zu sagen befremdlich, fand ich Deine Einlassung zum offenkundigen Bemühen Hancocks, seinen geliebten Western Swing und Honky Hillbilly möglichst so zu reproduzieren, daß seine Hingabe nicht nur zur Musik deutlich wird, sondern auch zum Klangbild ihrer Blütezeit. Diskutabel ist, ob ihm das gelungen ist bzw. ob es ihm gelingen konnte mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Den Versuch aber bereits zu kritisieren, weil er sich nicht um eine wie immer geartete Modernisierung oder zumindest um die Hinzufügung neuer Elemente geschert hat, halte ich für unangebracht.

Es ging mir nicht um eine Modernisierung, auch nicht um neue Elemente, sondern um etwas Unverwechselbares analog zu den Dickel Brothers, die ja nun auch nicht Bluegrass/ Old Time String neu erfinden, aber eine eigene Handschrift haben, die ich bei Hancock nicht gehört habe.

Wolfgang DoebelingInsbesondere Dein Apodiktum, die besten Musiker wagten stets das Neue, die mediokren spielten nur nach, ist doch unhaltbar.

Ich schrieb von Künstlern. Das macht durchaus einen Unterschied.

Wolfgang DoebelingAus Sicht eines heutigen Musikers stellt es sich erst recht anders dar, sonst gäbe es ja niemanden mehr, der Blues oder Rockabilly, Ska oder Soul in ihrer reinen, von jeweils gerade herrschenden Hörgewohnheiten unbeeindruckten Form spielt. Solange die möglichst detailgetreue Rekreation eines Musikstils nichts dröge Kulturpflegerisches oder Denkmalschützendes hat, vielmehr von Freude daran und Leidenschaft dafür zeugt, höre ich gern zu, lasse mich liebend gern anstecken.

Hierin gebe ich Dir vollkommen Recht.

Wolfgang DoebelingWie immer in Kunstfragen wird es in der Konkretion freilich erst interessant: wie und warum differiert „Vipers Of Melody“ von Wills oder Thompson oder Crow? Wie macht sich das Fehlen einer Fiddle bemerkbar? Wie verhalten sich die Texte zur Musik, weniger dann, wenn sie wie „Working At Working“ vorzeitige Phänomene (hier: Depression) thematisieren, sondern sich neuzeitlicher Flexionen bedienen, mithin bewußten Stilbruch begehen, dem Geiste der Musik aber treu bleiben (Dale Watsons Ansatz)? Und so fort. Kurzum, ich empfehle ein nochmaliges, genaueres Hinhören.

Mach ich. Aber dann nicht mehr per Stream. Da Du Hancock so vehement verteidigst, werde ich mir das Album dann doch zulegen.
Auf jeden Fall vielen Dank für Deine ausführliche Stellungnahme.

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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?