Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Solokünstler › James Brown › Re: James Brown
Auf der Compilation Motherlode, die erstmals 1988 und in erweiterter Form 2003 auf CD erschien, sind vornehmlich Stücke aus dem Jahr 1969 zu hören, dazu zwei von 1970 und je eins aus 1967, 1968 und 1971 sowie je eins von 1972 und 1976. Letztere fallen hier raus, das von 1971 ist der erwähnte alternate mix von „Ants in My Pants“.
Die Compilation enthält zum grössten Teil Musik, die zuvor nicht veröffentlicht war und folgte auf das ähnlich geartete, 1986 veröffentlichte In the Jungle Groove.
She’s the One wurde 1969 mit der Band um Maceo Parker, Fred Wesley, Jimmy Nolen , Alphonso Kellum, Charles Sherrell etc eingespielt. Hank Ballard hat das Stück geschrieben und 1954 eingespielt. Ballard tourte in den 60ern einige Male mit JB und die beiden konzipierten zwei neue Versionen des Stückes – diese hier und das von Marva Whitney gesungene „He’s the One“. Hier sind die zwei Gitarren von Nolen und Kellum toll zu hören, Sherrells Bass ist fast so fett wie Bernard Odums, Melvin Parker spielt einen tollen Groove an den Drums… ein tolles R&B-Stück.
Es folgt Since You Been Gone im Duett mit Bobby Byrd – eine Neuinterpretation einer Nummer, die Brown und Byrd schon 1956 für Federal und später 1961 nochmal eingespielt hatten (hier ist die 1956er[?] Version nachzuhören). Die beiden werden nur von der Rhythmusgruppe um die Collins-Brüder begleitet: Catfish (g), Bootsy (b), Clyde Stubblefield (d) und Johnny Griggs (cga). Stubblefields Beat ist grossartig, funky aber zerklüftet und verschroben, Bootsys Bass legt das Fundament und Griggs und Catfish füllen… ein unglaublicher Groove, der sich hier aufbaut!
Brown hat diesen Song auch in Versionen von Marva Whitney und Lyn Collins produziert (1968 bzw. 1971).
Bootsys Bass und Stubblefields verquere Rhythmen sind auch auf dem „Untitled Instrumental“ zu hören, das im November 1970 aufgenommen wurde. Wenn ich mir das anhöre, bedaure ich es, dass die Band mit den Collins Brüdern nicht mehr solche Instrumentals eingespielt hat!
Es folgt eine treibende Live-Version von „Say It Loud (I’m Black and I’m Proud)“, die im Oktober 1969 in Augusta, Georgia, eingespielt wurde – vom selben Konzert, von dem die eine Hälfte des Albums Sex Machine stammte (mehr dazu hier).
Ein Highlight folgt mit dem langen „Can I Get Some Help“ (eine etwas kürzere Version findet sich hier). Ein Vamp, über den scheinbar endlos Ideen entwickelt werden… ein schönes Beispiel für die Musik, die Brown mit seiner Band in der zweiten Hälfte der Sechziger Jahre entwickelt hat.
You Got to Have a Mother for Me war als King-Single für März 1969 geplant, wurde aber zugunsten von „I Don’t Want Nobody to Give Me Nothing“ zurückgehalten. Der Backing Track wurde für Bobby Byrds 1970er Hit „I Need Help (I Can’t Do It Alone)“ verwendet (zu hören auf Bobby Byrd Got Soul – The Best of Bobby Byrd).
Es folgt ein zweites Instrumental, Funk Bomb von 1967. Bandleader Alfred „Pee Wee“ Ellis ist hier mit einem seiner viel zu seltenen Altsax-Soli zu hören. Bernard Odum und Clyde Stubblefield legen den Groove der zugleich basic und faszinierend beweglich ist. Das Stück hätte gut auf Soul Pride gepasst!
Es folgt Baby Here I Come, aufgenommen nach dem Konzert in Atlanta. Maceo Parker ist am Altsax zu hören, Sweet „Charles“ Sherrell ist am Bass, wer von den drei Drummern spielt ist unklar (John „Jabo“ Starks, Clyde Stubblefield und Melvin Parker waren in der Zeit in Browns Band). Das Stück ist wie „Can I Get Some Help“ ein loses Riff, das einfach immer weitergehen könnte…
Der erste und kurze der beiden CD-Bonustracks, „You’ve Changed“, fällt auch noch in die fragliche Zeit. Das Stück ist eine schnelle R&B-Nummer mit nervösem Beat von Clyde Stubblefield und RIffs von den Bläsern und den Gitarren (Nolen!). Brown singt sich einmal mehr die Seele aus dem Leib…
Im Februar 1970 nahm James Brown mit Dave Matthews (der in den kommenden Jahren immer wieder Studio-Sessions für Brown arrangieren sollte) eine Rock-Version von Talkin‘ Loud and Sayin‘ Nothin‘ auf. Sie sollte auf einer King-Single erscheinen, die aber gecancelt wurde. Mit diesem Stück beginnt die CD James Brown’s Funky People (Part 3).
Auf Part 3 der People Aufnahmen finden sich auch ein paar Tracks von Musikern, die nicht in Browns Band gespielt hatten. Da ist etwa Drummer William „Beau“ Dollar mit einer Band ganz ohne Mitwirkung der J.B.’s. Der Groove auf Who Knows (rec. 1968) ist unglaublich mitreissend, vor allem Bassist Charles Summers gefällt mir!
Hank Ballard war in den 50ern schon bekannt, als Brown noch daran arbeitete, sich einen Namen zu machen. 1968 war Brown auf der Höhe seines Erfolges und nahm Ballard für sein Label auf. Die Single „How You Gonna Get Respect (When You Haven’t Cut Your Process Yet)“ ist grossartig. Sie landete in einer etwas längeren Version auch auf Ballards Album You Can’t Keep a Good Man Down, das Brown 1969 produzierte. Kennt das jemand? Wenn das nur halb so gut ist wie dieser Track muss ich das haben! Die Band hier ist in etwa dieselbe wie auf dem „Beau“ Dollar Track, Bassist Charles Summers überzeugt auch hier wieder, in bester Bernard Odum-Manier!
Im Anschluss an das Konzert im Pariser Olympia, das auf einem King Tripel-Album unter dem Titel „Love, Power, Peace“ hätte erscheinen sollen, aber aufgrund von Browns Wechsel zu Polydor gestrichen wurde (es wurde schliesslich teilweise auf der gleichnamigen CD veröffentlicht), nahm Bobby Byrd das on the spot improvisierte „Doin‘ the Do“ auf – einen grossartigen Track, in dem nochmal all die Qualitäten der zu diesem Zeitpunkt gefestigten Band mit Bootsy und Catfish Collins zum tragen kommen. Der Groove ist noch toller, Byrd singt relaxt aber überzeugend, die Riffs von „Chease“ Martin und „Catfish“ sind toll, der Boden, den Bootsy und „Jabo“ legen ist unschlagbar, fett, groovy, aber immer in Bewegung, unvorhersehbar. Die Bläser (Trompeter „Chicken“ Gunnells und „Hasaan“ Jamison, Fred Wesley ann der Posaune und St. Clair Pinckney am Tenorax) riffen… und der Boss ist als Background-Sänger zu hören. Ein absolut grossartiger Track – und wie es scheint die allerletzte Aufnahme dieser Band. Das Stück erschien zum ersten Mal 2000 auf der Funky People (Part 3) CD – es fehlt also bedauerlicherweise auch auf der feinen Bobby Byrd Compilation Bobby Byrd Got Soul – The Best of Bobby Byrd.
Ganz anders aber doch sehr groovy ist There Was a Time (rec. 1969), ein Instrumental von den Aufnahmen zu Browns jazzigem Album Gettin‘ Down to It mit dem Dee Felice Trio. Das Stück ist auch auf dem Album (und dessen CD-Reissue) zu hören.
Auf den nächsten beiden Stücken ist die Band von James Brown mit zwei seiner Background-Sängerinnen zu hören. Vicki Anderson sang über sieben Jahre immer mal wieder mit Brown – und war am Ende Ms. Bobby Byrd. Ein paar Features sind auf der Compilation James Brown’s Original Funky Divas zu hören, nicht aber das im May 1967 aufgenommene „If You Don’t Give Me What I Want (I Gonna Get It Some Other Place)“, eine treibende R&B-Nummer mit einem schönen Tenorsax-Solo von Maceo Parker (der streckenweise sehr nach Altsax und Maceo, wie wir ihn aus denn 90ern und der Gegenwart kennen, klingt).
Marva Whitney war eine andere der Soul Sisters, die sich mit James Brown herumschlagen mussten (in ihrem Falle wohl eher: wollten – sie hatte anscheinend das Ziel, Ms. James Brown zu werden – und verliess die Band 1969, als sie einsah, dass nichts daraus werden würde). Wir hören hier eine Live Version ihres Hits „It’s My Thing“ (Augusta, GA, 1. Oktober 1969), der zuerst als King Single erschienen war und dann auch Titeltrack eines Albums werden sollte – auch das klingt nach einem grossartigen Album, kennt es jemand?
Die Live-Version von „Funky People (Part 3)“ landete auf Whitneys King-Album „Live and Lowdown“.
ERGäNZuNG
Auch auf der Compilation mit den Instrumentals der J.B.’s, die grösstenteils aus den Jahren 1971-75 stammen (mit je einem früheren und älteren Track) findet sich noch ein Stück, das ich zuvor nicht erwähnt habe, das tolle „The Grunt (Pts. 1 & 2)“. Es beginnt mit einem Saxophon Falsett-Schrei von Robert McCullough über einen Groove von Catfish Collins (g) und Frank Waddy (d) – dann steigt Bootsy mit seinem pumpenden Bass ein und dazu die Trompeter mit ihren Riffs… sehr schön, wie McCullough immer wieder nur von Gitarre und Drums begleitet wird – umso wirkungsvoller der Druck, den Bootsy reinbringt. Hier ist sie nochmal, die ungebändigte wilde Funk-Power der originalen J.B.’s!
Das Stück wurde als zweiteilige People Single veröffentlicht und Pt. 1 kam auch auf dem Album „Food for Thought“ von den J.B.’s unter. Sehr bedauernswert, dass es nicht mehr Instrumentals aus dieser Zeit gibt!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba