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Da ich um Empfehlungen zu JB gebeten wurde, werde ich mich in den nächsten Wochen zu meinen diversen Neuanschaffungen ausführlicher äussern.
:: James Brown für Anfänger ::
Wer einen ausführlichen und gut dokumentierten Überblick sucht (der über die grössten Hits herausgeht und auch manche alternativen Versionen enthält), der ist wohl mit der 4CD-Box Star Time immer noch am besten bedient. Sie erschien 1991 und liegt sein ein paar Jahren in einer „Buch-Version“ vor (oder wie nennt man diese Boxen, ca. DVD-Grösse, im vorderen und hinteren Deckel die CDs verstaut, in der Mitte eingebunden das Booklet?), die ich mir eben angeschafft habe:
Infos von Discogs, kurze Besprechung bei Allmusic.
:: Die Compilations ::
Vorausschicken kann ich auch schon mal, dass all die Polygram Compilations von Brown sehr durchdacht sind, bewusst einander ergänzen und in vielen Fällen wenn Überschneidungen vorliegen, sehr unterschiedliche Versionen derselben Stücke enthalten. Als Jazz-Hörer bin ich ja Compilations (Ausnahme: Boxen/CDs, die komplette Werk-Phasen von Musikern enthalten) eher abgeneigt und stehe ihnen skeptisch gegenüber, aber im Falle von Brown wurde gute Arbeit geleistet! Man kann „Star Time“ kaufen und damit zufrieden sein (oder die „CDs of JB“, von denen ich die zweite nicht kenne – siehe #68), man kann auch die Reihe von 2CD Compilations dazunehmen (und braucht „Star Time“ dann als eine Art Kern mit den Hits und den ausführlichen Texten) und als dritten Kreis kann man dann noch einzelne Alben dazukaufen (bei mir bisher: „Live at the Apollo (1962)“, „Soul On Top“, „Sex Machine“ und „The Payback“, sowie die „Love Power Peace – Live at the Olympia, Paris, 1971“ und die „alte“ Compilation „In the Jungle Groove“).
:: Roots ::
Die frühen Jahre, in denen Brown sich vom Doo-Wop und R&B, von der Musik Little Richards (so lese ich – kenne ihn noch überhaupt nicht!) weg zu seiner eigenen Musik entwickelt hat, werden ausführlich im Doppel-Album „Roots of a Revolution“ nachgezeichnet (das zuerst 1984 als 2LP-Set in UK erschienen ist, die CD-Ausgabe kam 1989 mit acht zusätzlichen Stücken):
In einem äusserst informativen und sehr ausführlichen (und sehr klein gedruckten) Text im Booklet wird diese Zeit erzählt, wie Brown 1953 aus dem Knast kam, zu Bobby Byrd und dessen Flames stiess, sich immer mehr in den Vordergrund sang (und drängte), wie mit Please Please Please (in „Star Time“ zu hören, oder auf der „CD of JB“) ein erster Hit entstand, wie schon die frühen, an den Vorbildern orientierten Songs irgendwie anders sind, von Browns ungeschliffenem Gesang leben und eine Qualität haben, die sie von blosser Imitation abhebt.
„Please Please Please“ erschien am 3. März 1956 – es kam bald auf #6 der Billboard Charts, war aber ein „sleeper“, ein Stück, das sich erst über die Jahre zum „million seller“ entwickelt hat. Brown und seinen Kumpanen fehlte jedoch in dieser frühen Zeit der Rückhalt durch ihr Label (King, ihre Singles erschienen bis 1960 auf dem Sub-Label Federal) und es gelang ihnen nicht, in den kommenden Monaten einen Nachfolge-Hit zu produzieren, da auch sie musikalisch noch nicht reif dazu waren.
Im Herbst hatte Brown dann die Chance, eine Tour Little Richards (der sich zurückzog um in eine Bibelschule zu gehen) zu beenden. In der folge sollten einige der Bandmitglieder und die Background-Sänger „The Dominions“ auf Browns Singles auftauchen. Zu den besten Nummern dieser frühen Phase gehören die beiden Stücke Begging, Begging und besonders das aussergewöhnliche „That Dood It“. Aufgenommen wurden sie am 21. Oktober 1957 (beide erschienen 1958 als Federal-Singles), danach verschwand Brown für fast ein Jahr. Im Sommer 1958 kriegte er eine letzte Chance bei King – das Ergebnis, Try Me (I Need You) (zu finden in der „Star Time“-Box) war der nächste, langersehnte Hit (die Single war die dritte und letzte des Jahres 1958). „Try Me“ wurde nicht im King-Studio in Cincinnati aufgenommen sondern in New York – zum ersten Mal wurden sie dorthin geschickt, um eine Aufnahme zu machen, in der Band sassen gestandenen Jazzer wie Gitarrist Kenny Burrell, Clifford Scott spielte Tenorsax, Ernie Hayes sass am Piano und Panama Francis am Schlagzeug. Zum ersten Mal wurde die Single mit etwas Promo unterstützt, wurde nach ein paar Wochen #1 in den R&B Charts und kam in die Top-50 (#48) der Pop Charts.
Brown suchte sich eine feste Band, die ihn auch auf seinen Touren begleitete. Es war die Band von Tenorsaxophonist J.C. Davis – die Musiker waren nicht nur einigermassen kompetent sondern besassen auch ihr eigenes Equipment. Wichtige Stützen der Band waren Bassist Bernard Odum und Drummer Nat Kendrick. Bobby Byrd war noch immer dabei – er war der einzige der originalen Flames, der sich nicht mit Brown verkracht hatte und noch viele Jahre mit ihm spielen würde.
:: Bewildered Lovin‘ ::
Die Jahre 1959-1961 waren dann entscheidend für Browns musikalische Entwicklung. Aus diesen drei Jahren finden sich auf „Roots of a Revolution“ zwanzig Titel. Im Januar 1959 folgte ein nächster Trip nach New York, das erfolgreichste Stück war Bewildered (auch das ist auf „Star Time“ und der „CD of JB“ zu finden), es erschien aber erst Ende 1960 auf Browns drittem Album „Think“ und dann 1961 als Single.
In diesen Monaten entwickelte Brown seine Live-Show weiter, begann, die Band alleine zu präsentieren und wollte auch, dass sie alleine aufnehmen konnten. Diese Idee stiess erwartungsgemäss bei King auf wenig Gegenliebe, immerhin entstand „Doodle Bug“ (und „Bucket Head“ – nur das erstgenannte ist auf „Roots of a Revolution“ zu finden) in der „Bewildered“-Session – mehr eine Kuriosität als eine grossartige Nummer, das Thema klingt ein wenig nach „A Tisket, A Tasket“ und danach irgendwie nach einem Zwitter aus Do-Wop und Twist… Davis‘ Tenor kommt nie so recht in Fahrt und die Band ist überladen (Browns Orgel hilft da auch nicht weiter…)
Die nächste tolle Single war Good Good Lovin‘ – wieder ein Flop, der sich längerfristig aber gut verkaufen sollte. Das Stück selbst war wohl das bis dahin aufregendste in Browns Karriere. Über einen federnden Beat und ein jumpendes Gitarrenlick von Bobby Roach macht Brown Stimmung, mit Stoptime, Shouts und einem Tenorsolo von J.C. Davis. Ein rundum gelungenes Stück.
:: THINK! ::
Die folgenden Singles I’ll Go Crazy und Think (beide in der „Star Time“ Box zu finden) sollten dann beweisen, dass Brown zu sich selbst gefunden, einen eigenständigen Stil geprägt hatte. „Think“ war der nächste „million seller“ und führte zu Browns erstem Auftritt als Headliner im Apollo Theater in New York.
Zwischen den beiden Singles unternahm Brown einen erneuten Versuch, eine Single der Band einzuspielen. Das geschah dann für Henry Stone auf Dade Records, Brown durfte aus vertraglichen Gründen nicht singen, stattdessen ist Carlton „King“ Coleman zu hören, Brown spielt Piano und schreit ein wenig herum, das Stück heisst „(Do The) Mashed Potato“ (Pt. 1 ist auf „Star Time“, auf „Roots“ findet sich dann „Mashed Potatoes U.S.A.“, das 1962 für King eingespielt wurde.
Mit „Think“ wurde klar, dass Brown sich vom R&B zu lösen begann, dass sich da etwas neues zusammenbraute. Die B-Side You’ve Got the Power (mit Bea Ford) war fast gleich beliebt und erfolgreich wie „Think“ und auch die nächste Single „This Old Heart“ (von derselben Session wie „I’ll Go Crazy“) schaffte es 1960 in die Charts.
:: Baby, You’re Right! ::
Die Story hinter „Baby You’re Right“ (der vierten Single von 1961) wird im Booklet von „Roots“ ausführlich wiedergegeben – in Kürze: das Stück stammte von Joe Tex, der von 1957-59 mit Bea Ford verheiratet war, Brown wiederum hatte 1960 mit ihr einen längere Affäre. Tex gab Brown dieses Stück, er war ein Fan und dachte zu Recht, es würde zu ihm passen. Brown wiederum streute das Gerücht, er habe Tex seine Frau ausgespannt… Die Nummer enthält ein wunderbares kleines Saxophon-Soli und wird mit einem relaxten aber doch irgendwie drängenden 12/8-Beat gespielt. Auf „Star Time“ ist ein Alternate zu finden, die Single ist auf „Roots of a Revolution“ zu finden.
Bea Ford ist dann wie erwähnt auf „You’ve Got the Power“ an der Seite von James Brown zu hören. Sowohl „Roots“ wie auch die 2CD Compilation „James Brown’s Original Funky Divas“ enthalten – seltsamerweise (das spricht jetzt ausnahmsweise gegen meine eingangs gemachte Bemerkung, wie durchdacht all diese Compilations seien) denselben Alternate Take des Stückes (die Single selbst, bzw. die B-Side von „Think“, ist auf „Star Time“ auch nicht drauf, hätte man doch bei der einen Compilation die damals veröffentlichte Version wählen können!)
Auch von der nächsten tollen Single, „I Don’t Mind“ (Live-Version vom Apollo-Album), findet sich auf „Roots“ ein Alternate Take. Komplette Alternates sind anscheinend in Browns Katalog ziemlich selten, da sehr oft der erste komplette Take zum Master wurde (meist auch in den Fällen, in denen komplette weitere Takes eingespielt wurden). Im Falle von „You’ve Got the Power“ war auf dem veröffentlichten Take die erste, von Bea Ford gesungene Strophe nicht enthalten (es macht also Sinn, dass für die Divas-Compilation wieder der Take MIT dieser Strophe gewählt wurde, schade daher, dass bei „Roots“ nicht der original Take gewählt worden war).
„I Don’t Mind“ und „Baby You’re Right“ enstanden wie einige weitere Titel während vier Tagen in Kalifornien (27.-29. September und 4. Oktober 1960). Im November 1960 erschien die erste Single Browns auf dem Hauptlabel King: „The Bells“ b/w „And I Do Just What I Want“. Letzteres lebt von einer twangenden Gitarre und einem Altsolo von Alfred Corley (?) – es gehört kaum zu den besten Titeln jener Sessions. Erfolgreicher ist „Come Over Here“ mit einem tollen Tenorsolo von J.C. Davis. Die A-Seite „The Bells“ ist leider weder in „Roots“ noch in „Star Time“ zu finden. Am 4. Oktober wurde auch „Hold It“ eingespielt, ein Remake einer Instrumental-Nummer von Bill Doggett, es wurde (mit der instrumentalen B-Side „The Scratch“) zur ersten Single von 1961, vor „Bewildered“ (R&B #8) und „I Don’t Mind“ (R&B #4). Nach einer weiteren instrumentalen Single („Suds“ b/w „Sticky“) folgte „Baby, You’re Right“ (R&B #2), dann „I Love You, Yes I Do“, dessen B-Side „Just You and Me Darling“ #17 der R&B Charts erreichte.
:: Lost Someone Riding the Night Train ::
Im Februar 1961 folgten weitere ausführliche Aufnahmen in Cincinnati, eine der erfolgreichsten Nummern daraus war Night Train (R&B #5, zu finden in „Star Time“), die erste Single des Jahres 1962. Jimmy Forrest hat während seiner kurzen Zeit bei Duke Ellington diesem das Riff geklaut und einen grossen Hit damit gelandet. Brown spielt auf diesem Stück Schlagzeug (was er schon zu Beginn mit den Famous Flames hin und wieder tat), im Mittelpunkt steht aber vor allem J.C. Davis am Tenorsax. Lost Someone, die siebte und letzte Single von 1961, war der nächste Hit, der Dimensionen von „Think“ erreichte. Eine äusserst stimmungsvolle Soul-Ballade, die getragen wird von der twangenden Gitarre von Les Buie.
Die zweite Single von 1962, „Shout and Shimmy“, stammt auch von diesen Sessions. Die Gitarre ist hier leider etwas gezähmt im Sound… das Stück gibt nicht grad viel her. War das schon eine Nummer, die für einen bestimmten Mode-Tanz konzipiert war?
In dieser Zeit nahm Brown so viele Stücke auf, dass manche zuerst auf Alben erschienen (diese wurden relativ unsorgfältig aus Singles und weiterem Material zusammengestückelt – King war nicht am Album-Markt interessiert).
Nach Bea Ford und Sugar Pie DeSanto (ein einziges Stück mit ihr findet sich auf „Funky Divas“) war Yvonne Fair die nächste Sängerin in Browns Band, sie ist auf „I Found You“ (vom Januar 1962), einer frühen Version des späteren Hits „I Got You“ (zu finden auf „Star Time“ und „The CD of JB“) zu hören und macht ihre Sache sehr gut (vier weitere Stücke mit ihr – und auch nochmal dieses hier – finden sich auf „Funky Divas“).
Im Mai 1962 entstanden das sehr stimmungsvolle I Don’t Care, das zuerst 1962 auf einem Album und 1964 und 1966 als B-Side von Singles („Tell Me What You’re Gonna Do“ vom Oktober 1960, bzw. „It Was You“) erschien und „I’ve Got Money“, ein extrem intensives Stück, das von einem nervös-scheppernden Drumbeat getrieben wird – auch das verschwand auf einem Album und später 1962 auf einer B-Side („Three Hearts in a Tangle“ – laut den Infos in „Star Time“ war allerdings „I’ve Got Money“ die A-Side!? In „Star Time“ ist übrigens dankenswerterweise die Mono-Version enthalten). Auch im Mai 1962 entstand zudem „Mashed Potatoes U.S.A.“, diesmal mit Vocals von Brown. „Signed, Sealed and Delivered“ (veröffentlicht im Sommer 1963) enstand im Juli – ein seltsamer Country-Song, in dem der Groove auch klar nach vorne blickt, aber so richtig funktioniert das hier nicht.
:: Taking Control ::
In den Jahren 1962-1964 übernahm Brown dann die Kontrolle über seine Musik, seine Produktionen, setzte sich auch gegen King durch mit der Live-Aufnahme aus dem Apollo – das Album Live at the Apollo (heute mit dem Zusatz [1962] versehen, damit es vom zweiten, 1967 aufgenommenen und 1968 veröffentlichten unterschieden werden kann) war bereits das achte Brown-Album, das bei King erschien und wohl DAS grosse Album jener Jahre.
Alan Leeds erinnert sich:
Due to listener requests I recall WANT [Radio-Station in Richmond] setting aside half an hour every evening at 5pm to play the entire LP, and the same sort of thing was happening on black stations all over. Because black buyers weren’t in the habit of buying LPs like singles the demand for airplay lasted quite some time; it seemed like you could tune in at the same time every day for weeks on end to hear a ‚live‘ James Brown show. It took some time for sales to start building but gradually more and more young blacks started buying it – for many it might have been the first LP they’d bought in their lives, it was one of those hip things that everybody had to have. At the same time, without any airplay on most pop stations, the word started to spread to white buyers about this unbelievable album by someone who most of them had barely heard of. When the whites started buying it as well it was ready to take off.“
(zit. nach: Cliff White, liner notes zu „Roots of a Revolution“, Polydor 817 304-2, 2CD-Set 1989)
Das Album stieg auf bis zur #2 der wöchentlichen Billboard Album-Charts und Ende Jahr wurde berechnet, dass es #32 der meistverkauften Alben jenes Jahres war. Für ein privat aufgenommenes Album einer völlig ungehemmten Performance eines schwarzen Künstlers in seiner ganzen rohen Emotionalität war das eine ziemliche Sensation.
Privat aufgenommen? In den frühen 60ern bestritt Brown über 300 Konzertauftritte pro Jahr, das Publikum wuchs stetig an, die Konzerte waren sein „meat and potatoes“. Doch Syd Nathan, Präsident und seit langem eine Art Gegenspieler Browns bei King, wollte nichts von einem Live-Album hören. Ray Charles‚ „In Person“ diente Brown bei seinen Bemühungen als Vorbild, aber sein Anliegen wurde zurückgewiesen. Daher hat er selbst organisiert, dass am 24. Oktober 1962 die zweitletzte Nacht einer Woche von Gigs im Apollo aufgenommen wurde.
Die Band war – nach dem Abgang von J.C. Davis, der Ende 1961 enttäuscht darüber, dass „seine“ Band in der Zwischenzeit als Browns Band verkauft wurde, ausstieg – erheblich gewachsen und bestand fast vollständig aus neuen Leuten und wurde vom Trompeter Lewis Hamlin geleitet (Les Buie war noch an der Gitarre, am Tenorsax war schon der langjährige Sideman St. Clair Pinckney). Das Programm besteht aus einer Reihe der erfolgreichsten Singles der frühen Jahre: „I’ll Go Crazy“, „Try Me“, „Think“ und „I Don’t Mind“, gefolgt von einer langen Version von „Lost Someone“ und einem Medley aus weiteren Hits: „Please, Please, Please“, „You’ve Got the Power“, „I Found Someone“, „Why Do You Do Me“, „I Want You So Bad“, „I Love You, Yes I Do“, „Strange Things Happen“, „Bewildered“, eine Reprise von „Please, Please, Please“… und dann zum Schluss noch „Night Train“, damals die jüngste richtig erfolgreiche Single.
Als Opening Acts traten u.a. Solomon Burke und Freddie King auf.
„‚We were the best,‘ says Famous Flame Bobby Bennett. ‚I’m not braggin‘ on us, I’m just telling the truth, you understand. It was like compiling a gift from God. I mean, we were just youngsters then, but what we did came from feelings. It was perfection.'“ (aus Harry Weingers liner notes zu „Live at the Apollo (1962) Expanded Edition“, CD 2004)
:: Prisoner of Love ::
Nicht nur was die Live-Aufnahme betrifft, verlief Browns weitere Karriere in ähnlichen Bahnen wie Ray Charles‘: dieser hatte nach Jahren der musikalischen Reifung bei Atlantic in den 50ern in den frühen 60ern einen Vertrag mit ABC-Paramount abgeschlossen und in der Folge international den Durchbruch geschafft – auch dank Aufnahmen mit grossen Orchestern, inklusive Streichern. Brown nun nahm am 17. Dezember in New York zum ersten Mal mit Streichern auf. Das Resultat: Prisoner of Love (sowohl auf „Star Time“ wie auch „Roots“ und „The CD of JB“ zu finden), Browns erste Single, die den Einzug in die Top-20 der Pop Charts schaffte (#6 R&B, #18 Pop). Eine ähnliche Version entstand auch von „These Foolish Things“, sie ist leider auf keiner der Compilations enthalten, die ich bisher habe. Während derselben Session nahm Sammy Lowe, der die Streicher und den Chor arrangiert hatte, auch Overdubs für ein paar ältere Brown-Stücke auf – sie landeten auf dem Album „Prisoner of Love“ (das glücklicherweise nicht besonders gut lief und Brown bzw. King nicht dazu verleitete, in diese Richtung fortzufahren).
Kurz nach dem Apollo Konzert löste Tammy Montgomery (später besser bekannt als Tammi Terrell) Yvonne Fair als Sängerin ab, Brown nahm mit ihr eine Single auf, die sich am Vorbild der Bacharach-David-Interpretationen von Dionne Warwick zu orientieren schien, I Cried (sie ist, ebenso wie die B-Side „If You Don’t Think“ auch auf der „Funky Divas“ Compilation zu finden). Das Stück ist hübsch und hat ein gute Dosis „period charm“, hauptsächlich ist es jedoch bemerkenswert, weil hier zum ersten Mal das „Feeling“ und die Struktur des späteren Hits „It’s a Man’s World“ zu hören ist. Dies war die erste von nur drei Veröffentlichungen auf Browns eigenem Label Try Me. Die zweite Single war von „Johnny & Bill“, die dritte dann von den „Poets“, einem Instrumental-Ensemble um Brown (sie hiess „Devil’s Den“ und findet sich auf „Star Time“ – Nat Kendrick ist da wieder am Schlagzeug, Brown spielt in diesem einen langsam-fetten Orgel-Groove, den er wirklich beherrschte).
Anna King war die nächste Entdeckung von Brown – drei Stücke mit ihr finden sich auf „James Brown’s Original Funky Divas“, darunter das Duett mit Bobby Byrd „Baby, Baby, Baby“. Im Oktober 1963 nahm Brown ein letztes Mal unter den „alten“ Umständen für King auf. Eins der beiden Stücke, „Oh, Baby Don’t You Weep“ erschien sowohl als Single (A- und B-Side) und ist in der „Roots“ Compilation enthalten. Das zweite Stück „Like a Baby“ findet sich auf der Blues-Compilation „Messing with the Blues“ (die ich noch haben muss…) und beide landeten als Füller auf dem Live-Album , das im Frühjahr 1964 im Royal Theater in Baltimore mitgeschnitten wurde („Pure Dynamite“ – muss ich mir wohl gelegentlich auch noch besorgen!).
:: Try Me a Fair Deal – JB Out of Sight! ::
Die ganzen Publishing und Distributions-Deals jener Jahre sind etwas verworren, aber Brown hatte nach Try Me einen Deal mit Mercury/Smash, hat unter dem Namen Fair Deal Records Corp. eine eigenen Produktions- und unter dem Namen Try Me Music eine Publishing-Gesellschaft gegründet und suchte nach Möglichkeiten, unabhängig Aufnahmen zu produzieren. King klagte gegen Smash/Mercury nach der Veröffentlichung der ersten Single im April 1964, bis im Oktober durfte Brown weiter ausserhalb von King aufnehmen danach war Brown aufgrund eines Schlupfloches im Vertrag mit King lediglich das Veröffentlichen von Stücken mit Gesang bei anderen Labels untersagt. Die erste Smash-Single bestand aus „Caldonia“ (mit einer instrumentalen B-Side namens „Evil“ – sie ist im Gegensatz zu wohl den meisten erwähnten Instrumentals nicht in der Compilation „Soul Pride: The Instrumentals“ zu finden). Die zweite Single bestand aus „The Things I Used to Do“ b/w Out of the Blue (letzteres ist in „Star Time“ zu finden), die dritte (Pop #24 und international erfolgreich) aus Out of Sight b/w Maybe the Last Time. Die A-Seite ist in der „Star Time“-Box, die B-Seite auch, und eine ein wenig kürzere aber vermutlich identische Version steht am Ende von „Roots of a Revolution“. Die Stereo-Version von „Out of Sight findet sich auf der „CD of JB“.
(Hier habe ich ein grosses Stück Text verloren, falls es hier einen Bruch gibt oder was fehlt, hab nicht die Geduld, alles nochmal zu schreiben!)
:: Grits and Soul – James Brown on the Organ ::
In derselben Session wie „Out of Sight“, das eigentlich schon den „neuen“ Brown, der den Funk (er)fand, einführt, entstand auch ein Instrumental names Grits, Brown spielt Orgel und macht das hier auch sehr gut! Die Band war wieder eine neue, Melvin Parker spielt Drums, sein Bruder Maceo ist am Barisax zu hören, zentral für die kommende Entwicklung war Altsaxophonist Nat Jones. „Grits“ landete auf dem zweiten Smash-Album, das bis im Herbst 1964 auf dem Markt war. Das erste, „Showtime“, bestand aus Studio-Aufnahmen, die mit Applaus angereichert wurden, in einem Versuch, an den Erfolg von „Live at the Apollo“ anzuknüpfen und „Pure Dynamite“ Konkurrenz zu machen. Ein paar Stücke sind ohne Overdubs auf der Compilation „Messing with the Blues“ zu finden.
Das zweite Album „Grits & Soul“ war rein instrumental – ich habe es mal irgendwo gehört, hat mir ziemlich gut gefallen, auch wenn es eher ein Nebengleis ist, das Brown da befährt. Die Hauptrichtung der Musik wurde durch den Erfolg von „Out of Sight“ vorgegeben.
:: It’s JB’s World! ::
Die erste Phase von Browns Musik zieht sich aber noch eine Spur weiter. In derselben Session am 6. Juni nahm Brown mit Rhythmusgruppe und Streichern eine frühe Version des 1966er Hits It’s a Man’s World auf – die grossartige, sparsamer instrumentierte Performance gehört zu den Perlen dieser Zeit! Erstmals veröffentlich wurde sie auf der „CD of JB“ 1985.
Dann gibt’s vor „Maybe The Last Time“, dem Closer von „Roots of a Revolution“ noch eine Version von „(Do the) Mashed Potatoes“, die etwas länger (2:27) dauert und gemäss dem Booklet aus dem August 1964 stammt (im Text kann ich dazu nichts weiteres finden). Die Aufnahme zeigt nochmal die beiden Richtungen: der harte R&B, der dem Stück zugrunde liegt, könnte auch schon von 1958 oder 1959 stammen, aber wie Brown das tolle Sax-Solo antreibt, das weist schon voraus auf die wilden, offenen Strukturen, die rohe Emotionalität, die in den Funk-Aufnahmen der kommenden Jahre noch deutlicher zutage treten sollten.
:: Mono & Stereo Versionen ::
Ein Wort noch zu den Versionen… leider sind einige Stücke auf „Roots“ in der Stereo-Version, manche davon klingen sowohl auf Boxen wie mit Kopfhörer ziemlich unmöglich in ihrer viel zu klar nach Kanalän getrennten Instrumentierung (z.B. Drums, Bass, Gitarre und Bläser links, Tenorsax, Brown und Vocals rechts). Es handelt sich dabei um 14 der 43 Stücke (aber nicht alle klingen so krass, zum Glück).
Der leichteren Lesbarkeit habe ich den Post besser unterteilt – und habe dazu grad auch noch viele Songs verlinkt.
Ich hoffe, das alles ist nicht zu wirr, mir raucht selbst noch der Kopf… aber es macht mir grossen Spass, auf dieser Doppel-CD die Entwicklung Browns von den Anfängen über die grossen R&B-Hits bis zum Anfang der Funk-Phase nachzuverfolgen!
Die Instrumentals und Blues Compilations hab ich mir auch noch bestellt. Mal sehen, womit es hier weitergeht, mit den Funky Divas oder den Foundations of Funk…
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