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Nachdem ich mehr als 2 A4-Seiten vollgeschrieben habe, entschloss ich mich, meine Amazon-Rezension auf das Wesentliche zu kürzen.
Das kam heraus:
Eigentlich wollte ich ein umfangreiches Review schreiben, um dem Album angemessen gerecht zu werden. Irgendwann saß ich aber einfach nur noch wie in Trance vor dem Bildschirm und habe den hypnotisch-schönen Klängen gelauscht, die da aus den Boxen drangen.
„The Incident“ ist eindeutig das bisher ausgereifteste, geschlossenste, aber auch sperrigste Werk dieser fantastischen Band. Die ganz großen Melodien finden sich hier zwar nicht, aber dafür stellt das Album eine mehr als gelungene Symbiose der metallischen Schwere von „Fear of a blank planet“ und dem Abwechslungsreichtum von „In Absentia“ dar, wobei sich aus jeder Schaffensphase bestimmte Elemente auf „The Incident“ wiederfinden lassen. Das Werk ist damit nicht zuletzt eine Zusammenfassung von mehr als 20 Jahren Porcupine Tree.
Herausragend sind meiner Meinung nach vor Allem das Trio „Great expectations“, „Kneel and disconnect“ und „Drawing the line“. Man muss schon über verschwenderisch viel Kreativität verfügen, wenn man es sich leisten kann, tolle Ideen wie in „Great expectations“ und „Kneel and disconnect“ in nur zweiminütigen Songs unterzubringen. Ebenfalls großartig ist das finale „I drive the hearse“. Gesangsharmonien zum Niederknien! Oder auch „Time flies“, das sich in der Mitte zu einem bitterkalten Prog-Monolithen emporhebt.
Doch eigentlich verbietet es sich, Einzelsongs aus „The Incident“ hevorzuheben, denn das Album funktioniert nur als Ganzes, schließlich handelt es sich um einen 55minütigen Longtrack, in dem alles im Fluss ist und alles ineinander übergeht.
Im Gegensatz dazu ist die beiliegende EP eine lose Ansammlung selbstständiger Songs. Natürlich haben alle die gewohnte Klasse, aber „Remember me lover“ ist eindeutig das Highlight. Schade nur, dass der Song nicht ohne Metal-Riffs auskommt. Als lupenreine Ballade hätte er meines Erachtens besser funktioniert.
Für mich persönlich ist Porcupine Tree die Band meines Leben. Kennengelernt habe ich sie mit „In Absentia“, wobei „The sound of muzak“ mein erster jemals gehörter Song war (quasi mein Incident…). Seitdem finde ich mich in jedem Wort und in jeder Note zu 100% wieder.
„The Incident“ bildet da keine Ausnahme. Es fehlt zwar ein Übersong im Stile eines „Arriving somewhere…“, „Anesthetize“ oder „Trains“, doch dafür stellt das Album eine Entdeckungsreise sondergleichen dar. Ständig findet man Neues, entfalten bekannte Momente neues Potenzial und erschließt sich das gesamte Album nach und nach. Abschließend beurteilen kann man das Album wahrscheinlich erst im nächsten Jahr.
Porcupine Tree musizieren seit inzwischen 6 von insgesamt 10 Studioalben auf schwindelerregend hohem Niveau, entwickeln sich permanent weiter und scheinen immernoch nicht mit ihrem Latein am Ende zu sein. Vielleicht sind Steven Wilson & Co. (noch?) nicht die „wichtigste Rockband der Neuzeit“ (das meint zumindest das Fachmagazin Ecplised), aber definitiv die interessanteste, kreativste, vielseitigste und qualitativ konstanteste.
9/10
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