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Jaja, der gute Onkel Bender will aber nicht zum böhsen Onkel mutieren, der mit (von manchen Zeitgenosen als „Dubios“ eingestuften, angeblichen) Irrlichtern arme Irrlichter verführt…
Die DIJ-Vorläuferband Crisis (bestand von ca. 77-79) war eine reine, extrem linke, Agitprop-Punkband, die eine „Rock against fascism“-Vorzeigeband war. Crisis spielten hoch brisanten, anarchistischen Punk, der von vielen Zeitgenossen als „authentischer“, „ehrlicher“ und besser eingestuft wurde als The Clash…
Danach löste man sich auf, da man u.a. von den linken „Mitkämpfern“ recht enttäuscht war. Douglas P. und Tony Wakeford (später Sol Invictus) gründeten zusammen mit Patrick O’Kill (ex-Runners Of 84, später männlicher Teil der archaisch anmutenden ökologischen/feministischen Sixth Comm/Mother Destruction) 1981 DIJ. Bis ca. 1983 war deren Musik sehr Joy Division-lastig (Douglas P. soll absoluter JD-Fan sein…), mit militärisch anmutendem Getrommel und industrieller Strenge im Soundgefüge. Tony Wakeford flog raus, nachdem Douglas P. Wind davon bekam, daß er Kontakte zur englischen „National Front“ pflegte (Wakeford distanzierte sich später deutlich von dieser politischen Strömung und outete sich in den 90s als Wähler der englischen Sozialdemokraten).
1984 erschien „Nada“, das für mich beste DIJ-Album. Musikalisch zwischen Electro-Wave, düsteren, aber extrem tanzbaren Computerbeats und einem diffusen Vorläufersound des späteren Neofolk changierend, fasziniert es bis zum heutigen Tag („The Calling“ sollte eigentlich ein bis heute bekannter grosser Hit des elektronischen Wave sein, wenn es gerecht in der Welt zuginge). Im anschliessenden Zeitraum bis Anfang der Neunziger pendelte DIJ zwischen wunderschönen Akustikgitarren-Pop-Perlen (später als „Neo-Folk“ einkategorisiert) – die oftmals Rose McDowall (ex-Strawberry Switchblade) mit engelsgleichem Gesang begleitete -, klammen gespensterhaften Dark-Wave-Hymnen, experimentellen Noise-Loops und Soundcollagen.
1992 erschien „But what ends when the symbols shatter“, das bis heute als das ultimative „Neo Folk“-Album gilt. Musikalisch hymnisch, stellenweise gar ätherisch, hochmelodiös, glasklare Schönheit. Legenden ranken sich um dieses Werk, so sollen angeblich Studiomusiker der Diana Ross-Begleitband auf einigen Stücken mitgewirkt haben, die damals zur gleichen Zeit zufällig im gleichen Studiokomplex Aufnahmen tätigten. Wahrheitsgehalt: fraglich…
Danach begann der Abstieg, der mit einem stetigen Niveauverlust einherging. Musikalisch tat sich fast keine Änderung mehr, die Melodien wurden einfallsloser, die Atmosphäre stumpfer. Ende der Neunziger tat sich nochmal was im Soundgefüge. Zusammen mit Albin Julius (Der Blutharsch – sic!) nahm Douglas P. das DIJ-Album „Take Care & Control“ auf, das wieder mit der Rückkehr elektronischer Sounds, Loops und Samples überraschte, vom Songwriting her gesehen allerdings farblos und verwaschen wirkte. Man könnte frech werden, und einigen Stücken nachsagen, sie würden sich wie Ultravox-B-Seiten anhören…
Danach geriet der DIJ-Output zur reinen langweiligen Belanglosigkeit.
Als Einstieg könnte man die DoCD-Compilation „DISCriminate (81-97)“ empfehlen – ein guter Querschnitt – allerdings möchte ich DIJ niemandem aufdrängen. Muß jeder selber wissen, ob er sich mit der Materie einlassen möchte…
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I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad