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Jazz – Sophie Hunger und Band stellen im franz.K Kompositionen vor, die entfernt an Roadsongs erinnern
Schweizer Jungstar lässt den Funken überspringen
REUTLINGEN. Gut beraten waren die Organisatoren des »Jazzclub in der Mitte« beim Konzert mit Sophie Hunger, bei dem sie mit den Veranstaltern des franz.K kooperierten. So konnten am Mittwochabend im großen Saal des Kulturzentrums mehr als nur die hundert Besucher, die im Jazzkeller möglich gewesen wären, einen denkwürdigen Abend erleben.
Für die Band und Sophie Hunger war es die zweite Station ihrer Tournee. Ihren Auftritt hatten die Schweizer bis ins Detail vorbereitet: Das gesamte Equipment stand für die fünf Musiker am richtigen Platz, sodass ohne Verzögerung begonnen werden konnte; die Anlage war – bis auf den mitunter dröhnend lauten Bass – genau einjustiert, und die je nach Songatmosphäre zwischen Rot- und Blautönen wechselnden Scheinwerfer waren auf die Künstler ausgerichtet, ließen aber die übrige Bühne im Dunkeln. Mit Christian Prader, Flöte und Gitarre, Michael Flury, (mittels verschiedener Dämpfer) »sprechende« Posaune, Glockenspiel und Schellenkranz, Balz Bachmann, E-Bass, und Julian Sartorius, Schlagzeug und Glockenspiel, hatte die Sängerin vier Landsleute um sich, die auch als Gesangsbackground agierten. Überdies überzeugten sie in verschiedenen Kombinationen durch ebenbürtige Bühnenpräsenz. Als Band bestachen sie unter Verzicht auf gängige Small-Talk-Späßchen und waren und blieben von Anfang an bei der Sache, eben bei ihrer Musik.
Die Kompositionen der Sängerin erinnerten entfernt an Roadsongs mit melancholischem, jedoch optimistischerem Ton. Die Melodien entwickelten sich fließend und eingängig, die Harmonien unaufdringlich, wenn auch nicht ohne Überraschungen. Der Rhythmus war pulsierend und selbst bei Taktwechseln ruckfrei und organisch. So ergab sich ein individuell profilierter Personalstil, der die verschiedenen Themen wie »The Boat Is Full«, »Birthday«, »Like a Rolling Stone« oder »Walzer für Niemand« auf eine authentisch Weise erfüllte und trug.
Besonders nahe gingen zwei Songs in Schweizerdeutsch, auch wenn sie ähnlich wie die englischsprachigen nicht leicht verständlich waren. Die Sängerin vermittelte aber deutlich genug, um was es ging – und dies mit einer fantastisch sitzenden Mezzo-Stimme, ausgewogen in allen Registern und auf Gitarre oder Piano stets in einem Guss von ihr selbst begleitet. Es war wohl die musikalisch traumwandlerische Sicherheit in Verbindung mit einer unverstellt sympathischen Natürlichkeit, die das Publikum berührte und den Funken bald überspringen ließ.
Sophie Hungers erstaunt spontanes »Danke Reutlingen, wir sind doch Schweizer!« steigerte sie noch nach einigen Zugaben durch eine Darbietung, bei der sie mit ihren vier Kollegen am Bühnenrand sitzend ohne Verstärkung den Zuhörern noch näher kam. Ihr Gastgeschenk, einen Song des Reutlinger Komponisten Robert Zimmermann, hatte sie in ihrem Publikum schon zuvor überbracht.
Reutlinger General-Anzeiger von HANS-JÖRG LUND, am 02. Mai 2009
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