Re: Sophie Hunger in Reutlingen – franz.K – 29. April 2009

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masureneagle

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Die Nase des Posaunisten

Sophie Hunger begeisterte beim Reutlinger Jazzfrühling ihr Publikum

Reutlingen. Als Sophie Hunger im Oktober mit ihrem Album „Monday’s Ghost“ ungebremst auf Platz eins der Schweizer Charts rauschte, da rauschte nur eines noch lauter, nämlich der Blätterwald, in den enthusiastische Kritiker plötzlich Liebesbriefe kritzelten, statt nüchterner Kritiken. An Donnerstagabend hatten gut 300 Zuschauer/innen im Kulturzentrum franz. K, beim letzten Konzert des Reutlinger Jazzfrühlings, veranstaltet vom Jazzclub in der Mitte, das Vergnügen sich selbst ein lebendiges Bild der 26-jährigen Schweizerin zu machen.

Und die zeigte beim zweiten Konzert ihrer ersten Auslandstournee auch gleich ihre Stärken. Bei „D’Red“ begann Hunger alleine am Flügel und spielte die betörendste Karte ihres musikalischen Könnens aus: Es ist eine fantastische Stimme, die vor allem auch bei den ganz leisen Tönen, derart nuancenreich ist, dass das Publikum unwillkürlich die Luft anhielt. Dann stieg die Flüsterposaune von Michael Flury ein und wahrscheinlich hätte es in diesem spannungsgeladenen Moment niemanden gewundert, wenn auch noch der selige Chet Baker auf der Bühne vorbeigeschaut hätte.

Es kamen andere, nämlich der Züricher Filmmusiker und Bassist Balz Bachmann, der Schlagzeuger Julian Sartorius und der Allrounder an Klavier, Querflöte, Mundharmonika, Gitarre und Gesang, Christian Prader. Zusammen spielten sie ein Konzert, das bei den ruhigen Stücken magisch und bei den anderen zumindest sehr ansprechend war. Viele Stücke aus dem aktuellen Album wie „Shape“, „Birth-Day“ oder das energiegeladene und groovige „Round and Round“ erklangen.

Die Bandleaderin spielte bei den poppigen und folkigen Stücken mal E-Gitarre, oft Westerngitarre, aber bei den intensivsten ihrer Lieder in Englisch, Deutsch und Schweizerdeutsch saß sie wieder selbst am Flügel. Dazwischen versprühte die hübsche junge Frau gnadenlos ihren liebenswerten Charme, zum Beispiel nachdem sie dem Techniker am Mischpult signalisiert hatte, dass sie zu wenig höre. „Ich habe ihm gerade mit Zeichensprache erklärt, dass sie sehr schön sind“, beschummelte sie lächelnd ihr Publikum. Einmal bekam sie einen Lachkrampf, nachdem sie etwas zu detailliert geschildert hatte, was in des Posaunisten kränkelnder Nase vorgegangen sei, nachdem sie ihm ein Mittel verabreicht habe.

Auch ein paar ganz neue Stücke wie „Mr Shades“ oder bei der Zugabe das alleine auf der auf der Akustikgitarre vorgetragene schöne, aber nicht außergewöhnliche „Hotel Belfort“ erklangen. Bevor auch noch Bob Dylans „Like a Rolling Stone“ den musikalischen Abend komplett machte. „Von Robert Zimmermann“, verriet Hunger Dylans bürgerlichen Namen. Ihren eigenen, nämlich Emilie Jeanne-Sophie Welti, behielt die Künstlerin aber lieber für sich.

Schwäbisches Tagblatt von Bernhard Haage, 02. Mai 2009

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