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Zum Thema Schriftarten und Schriftsatz vielleicht noch: Es gibt natürlich für viele Zwecke viele Schriften. Je nach gedachter Wirkung wird die Ausstrahlung der betreffenden Schrift angepasst verwendet, gerade bei Plattencover-Design aber gern auch mal unangepasst.
Ein paar Beispiele, die mir so einfallen:
Scharfe, kantige Schrift wie bei:
Die Schriftart heißt in meinem Verzeichnis „Metal Lord“, was aber vermutlich neu erfunden ist. Mir ist aufgefallen, dass sie schon früher zum Einsatz kam und da vermutlich diesen Titel noch nicht hatte, siehe dieser Bowie-Film:
Das Iron Maiden Beispiel zeigt, wie die Band die Wirkung der Schrift benutzte und daraus ein immerwährendes Bandlogo erzeugte (seit Ende der 70er bis heute), das seine Aussagekraft nicht verloren hat. Gleichzeitig begründeten sie ja das Abteil der durchgehenden Maskottchen und fast ohne Ausnahme auch des gleichbleibenden Cover-Designs.
Ich bin mir nicht sicher, seit wann Rock/Pop-Künstler auf ein wirklich durchgängig benutztes Logo-Design bauen. Vielleicht hat jemand Informationen dazu, würde mich sehr interessieren.
Im Bereich Metal gibt es jede Menge mehr Beispiele für klingenbewehrte (o.ä.) Schriften, wie z.B. der alte Metallica-Schriftzug, der von Obituary usw. Interessant daran ist, dass die meisten dieser Schriften wohl eigene Erfindungen waren und nicht auf bekannte Schriftsätze zurückgriffen. Sehr amüsant fand ich immer den Schriftzug der hervorragenden DEATH, in den der damalige Künstler (Bandleader Chuck Schuldiner) alles reinquetschte, was er mit Musik und Thematik verbunden sah:
später wurde daraus dann:
Da sich über die Jahre und Alben die Ansichten der Band entwickelten, wurde auch das Logo immer mehr verändert, das umgedrehte Kreuz verschwand, ebenso andere Details, der Wiedererkennungswert aber blieb. Nachzulesen u.a. im englischen Wikipediaeintrag über die Band ganz unten.
Um auf andere Musikrichtungen einzugehen – hier wurden schon mehrfach Cover der Sex Pistols gezeigt. Die Schriften dort mit den zusammengeklebt wirkenden Zeitungsausschnitt-Buchstaben wurden zum Archetypus für viele Cover im Punk. Die Assoziationen dazu sind weitläufig: Anarchie, keine Festlegung, Kriminalität (der klassische Erpresserbrief), Abwendung von Normen…
So könnte man jede auf Platten populäre Schriftart unter die Lupe nehmen und auf die Möglichkeiten der Verwendung/Ausstrahlung untersuchen, z.B. Edwardian Script (Eleganz, fein, edel, romantisch?…); Damaged oder Karloff (Rückgriff auf alte Horrorfilme und Schundromane > z.B. Misfits, Cramps etc.)
Es gibt eigentlich für viele Genre typische, schon fast vorurteilsbehafteten Schriftarten, Country & Western hat seine häufig verwendeten Holz- oder Saloon-Schriften, Elektronik greift gern auf futuristische Schriftarten zurück. Bei vielen Indie-/Alternative Bands (ich weiß, das ist jetzt sehr weit gefasst) kommen gern zurückgenommene, einfachere Schriftarten zum Einsatz. Wollte man spekulieren, könnte man fast eine Absetzbewegung in den Schriften sehen, die sich von den ausgeschmückteren Varianten (Metal etc.) bewußt absetzt.
Es gibt viele Aspekte, die eine Betrachtung lohnen. In letzter Zeit fällt mir oft bewusste, durchgehende Kleinschreibung auf, andere Bands verwendeten ungewöhnliche Sonderzeichen in ihren Bandnamen (nicht nur Logos), z.B. die Drone/Doom Band SunnO))) (heißt einfach sun) oder die von mir geschätzten 35007 (der Name ist Loose, ergibt sich aus dem umgedrehten Schriftbild der Zahlen auf dem Kopf).
Unterm Strich bleibt für mich wichtig, dass Musik eigene Schriften entwickelte, um sich auch so auszudrücken. Daraus entstanden nicht wenige in den allgemeinen Gebrauch übergegangene Schriften, aber auch unverwechselbare, individuelle Logos. Es geht sicher nicht immer so weit, dass man von der Schriftart auf die Musik schließen kann, aber es hat doch Bedeutung.