Re: Fever Ray – s/t – Rabid Records

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go1
Gang of One

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Die Verfremdung des Gesangs stößt natürlich manchen ab – das ist meistens so, wenn die menschliche Stimme durch Filter gejagt wird – aber ich finde sie passend. Die Stimme wird sozusagen in verschiedene Masken gesteckt. Sie klingt älter als Karin Dreijer, mal angespannt oder erschöpft, mal fremdartig und unfassbar; sie schafft Distanz und eine gewisse Kühle. Ansonsten kann ich nur sagen, dass mich das Album in seine eigene Welt hineinzieht (wobei es bei mir etwas dauert: ich finde die Platte erst ab „Dry and Dusty“ richtig klasse). Es ist eine dunkle Welt: Wenn dieses Album läuft, ist immer Nacht. Mir gefällt seine Geschlossenheit, die Atmosphäre, das schleppende Tempo (von dem Karin Dreijer sagt, dass sie damit ihre – durch Schlafentzug bedingte – „innere Langsamkeit“ vertonen wollte). Mir gefällt der Sound des Albums, von dem ich hinterher dachte, dass ich ihn mir vorher schon so erträumt hätte – er knüpft an Kraftwerk, Synth-Pop und Art-Pop aus den 80ern an und ist doch eigen. Fever Ray hat eine reizvolle Oberfläche, aber auch Tiefe. Mir gefällt es, dass die Musik den Tönen Raum lässt, nicht überfüllt ist, und mir gefallen die elliptischen Texte, in denen sich Themen des Alltags auffinden lassen (Leben mit kleinen Kindern, Tagträume, Erschöpfung, Schlaflosigkeit), die poetisch verarbeitet sind. Durch die Musik und den verfremdeten Gesang wird alles in ein neues Licht getaucht. Karin Dreijer gestaltet auch Ängste und negative Gefühle. Das Heimische erscheint als unheimlich.

Das Review im Guardian (von Alexis Petridis) fand ich ganz gut und treffend.

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To Hell with Poverty