Re: Steven Wilson

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itasca64

Registriert seit: 07.07.2007

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:sonne: *****

„Insurgentes“ ist derzeit mein meistgehörtes Album, was nicht bedeutet, daß es sich mir auf Anhieb erschlossen hätte.
Nach einem sehr faszinierenden Ersteindruck schienen mir bei zwei weiteren Durchläufen schon auch ein paar schwerfälligere Stellen vorhanden zu sein. Diese haben sich aber seitdem Stück für Stück gelichtet, ich würde jetzt nach deutlich über 15 Durchläufen von keiner Nummer mehr sagen, daß sie mich nicht fasziniert. Alleine der Opener „Harmony Korine“ als überdeutliche Referenz an PT scheint mir mehr als Appetizer für deren Fans gedacht gewesen zu sein, in meinen Ohren passt er immer weniger zum Rest.

Schon seit einiger Zeit kommen kommen für mich vermehrt Feinheiten ans Licht, etwa die geschmackvoll eingesetzten Floyd-Zitate (ich empfinde sie so) im feinen, kleinen Instrumental „Twylight Code“, bei dem nach einem elegischen Intro sich die flirrenden Synthies von „Is There Anybody Out There“ mit Klängen aus der Ummagumma-Phase zu paaren scheinen. Oder der edle Klaviereinsatz in „No Twilight Within The Courts Of The Sun“ einem gut achtminütigen, jazzig angehauchten Exkurs, bei dem mich nur der metal-artige Abschluss von der vollen Punktzahl abhält. Bei einer ebenso langen „Messe“ mit dem Titel „Salvaging“ habe ich dahingehend keine Einwände, es handelt sich um einen grob dreigeteilten psychedelischen Trip erster Güte mit einer zentralen, geschmackvoll mit Streichorchester unterlegten, meditativen Oase. Hätte ich es gestern vielleicht noch als den Höhepunkt des Albums angesehen, bevorzuge ich heute eher die stillen, melancholischen Nummern wie das zum Sterben schöne „Abandoner“ oder „Veneno Para Las Hadas“, „Get All You Deserve“ und – vor allem – das Titelstück ganz am Schluss mit seinem hypnotischen Percussion-geprägten Ausklang. Eingängiger und pop-orientierter, aber deswegen keineswegs schwächer bietet sich das kleine Zwischenspiel „Significant Other“ an, und in „Only Child“ treffen wir auf vergleichsweise trockenen, trotzdem nicht weniger narkotisierenden Blues.

Je öfter ich das Album höre, desto mehr verstärkt sich mein Eindruck, es hier mit lauter feingeschliffenen Perlen zu tun zu haben, von denen jede für sich bestehen kann. Trotzdem ist „Insurgentes“ auch als Album rund geworden. Ich denke, daß es hier bisher noch deutlich unter Wert gehandelt und seine Freunde noch finden wird.
Um die kommenden Projekte des Herrn Wilson mache ich mir jedenfalls überhaupt keine Sorgen, „Insurgentes“ ist für mich ein Grund, in dieser Hinsicht sehr optimistisch zu sein.

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