Re: Peinlich berührt – Deutsche Texte unter der Lupe

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bullschuetz

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„Halt dich an deiner Liebe fest“ finde ich zum Beispiel einen richtig guten Pop-Text. In der Tat enthält er zwar Passagen, die mustergültig meiner Kitsch-Theorie entsprechen, aber er lotet das aus mit diesen umgangssprachlichen, wie dahingeschwätzten Formulierungen, die ganz ohne Kunstwillen daherzukommen scheinen – und er lässt alles gipfeln in der tatsächlich saumäßig unabgelutschten, jede Menge Bedeutungsräume aufreißenden Schlüsselzeile. Vielleicht gehört das gerade zu einem guten Poptext: Über die Klischees verfügen, mit dem Kitsch spielen, dabei das Abgegriffene „authentisch“, wie „neu gefühlt“ erscheinen lassen – und es an der einen oder anderen Stelle weiterdrehen in eine Richtung, die so noch keiner eingeschlagen hat.
So funktioniert Pop doch auch auf musikalischer Ebene, was Harmonien und Melodien betrifft. Eine klassische Popmelodie hat immer diese Balance zwischen „Klingt, als ob ich es schon ewig kennen würde“ (weil es so nah am Bekannten ist) und „Wow, wie sind die bloß da drauf gekommen?“ (weil es bei aller Vertrautheit doch kein Plagiat von etwas schon Dagewesenem ist).

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