Re: Peinlich berührt – Deutsche Texte unter der Lupe

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reino

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FletcherIch habe immer den Eindruck, deutsche Musiker tun sich schwer mit dem Texten. Ist das so? Das kann man ja bestimmt nicht Länder-spezifisch begründen, sondern liegt wohl viel mehr an dem eigenen Empfinden der Sprache, oder?
Warum finden wir die Texte von Ich und Ich, oder Xavier Naidoo total schmierig und Texte von Neil Young großartig?
Hat das damit zutun, dass wir auf die Texte der englischen nicht sofort achten und die der deutsche kommen ziemlich gleich zu tragen?
Oder klingt deutsche Sprache einfach nicht so schön?
Ich schreibe gerne und viele deutsche Texte, nur komm ich meistens zum Ergebnis, dass erhliche, offene Texte meist in Schmalz abrutschen.

Daß wir deutsche Texte schlecht finden und englischsprachige nicht, liegt schlicht daran, daß wir Deutsch können und Englisch nur bedingt. Sprachebenen, Ironie und viele andere sprachlichen Mittel können wir nur in der Muttersprache wahrnehmen und beurteilen.
Dazu kommt der Effekt, der sicher vielen bekannt ist: Hat man den Eindruck, auch ohne tieferes Verständnis des Textes weiterleben zu konnen, hört man bei nicht Muttersprachlichem einfach drüber weg. Da stört dann auch die Redundanz von Texten wie „Purple Rain“ nicht, und selbst politisch Bedenkliches wird einfach überhört.
Bei Texten, die man sich übersetzt, denkt man sich die literarischen Qualitäten, die beim Transfer verloren gegangen sein könnten, einfach dazu (auch wenn da nichts verloren ging). Das heißt, wir denken uns die meisten englischen Texte immer ein bißchen besser, als sie wirklich sind (und können die wahre Qualität wirklich bedeutender Werke gar nicht erfassen).

Das Dazudenken von dichterischer Größe kommt allerdings auch bei deutschen Texten vor. Zum Beispiel beim Lied „Rauchzeichen“ von Cochise (Text: Fred Ape). Das war seinerzeit ein großer Szenehit. Dabei ist der Text wirklich schlecht, grausam formuliert und mit logischen Brüchen. Ob der begrüßten und inhaltlich geteilten Botschaft wurde von den Zuhörern darüber hinweggesehen.

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