Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Warum hat der schwarze Rock´n´Roll aufgehört oder ist das überhaupt so? › Re: Warum hat der schwarze Rock´n´Roll aufgehört oder ist das überhaupt so?
Minos
Wann gab es eigendlich „schwarzen Rock“, was ist das, wann genau hörte er auf und wann begann er (wenn er aufgehört hat, muss er ja auch mal begonnen haben)? Diese Fragen sind m. E. bisher nicht ausführlich genug behandelt worden.
„Schwarzer Rock“ bzw. „Rock´n´Roll“ war sicherlich ein etwas flapsiger Begriff, aber es dürfte ja klar sein, was gemeint ist – farbige Musiker, die an dieser Art Musik (und zu dieser Definition hab ich hier schon genug geschrieben!) entscheidend oder zumindest begeisternd mitgewirkt haben. Und du hast recht, es sind viele Fragen hier offen geblieben. Aus irgendeinem Grund gehen solche Threads meist schon bei der berühmten Frage nach Definitionen vor die Hunde.
Hier wurde übrigens dank der Moderatoren schon ein ganzes Bündel Beiträge zum Thema Country ausgekoppelt. Ich fürchtete eben fast, bald muss ein Haufen Unsinn zur bescheuerten Frage ausgekoppelt werden, was eigentlich Musik ist und was nicht…
Nachdem dann noch zu diskutieren war, ob sich die Ausgangsfrage überhaupt stellt (ja!) könnten wir doch langsam mal zum Ergründen vordringen. Natürlich wird das über Thesen kaum hinaus gehen, aber trotzdem finde ich das interessant.
Mich irritiert übrigens „1954“. Stimmt die Angabe? „Caldonia“ ist m. W. doch schon 1945 oder 1946 erschienen?
Es gibt einige Versionen der Nummer. Für die bei dem Sampler relevante Zeit wählte man eben jene mit einer auffälligen E-Gitarre aus. Die Angaben stimmen. Coverversionen oder Weiterentwicklungen bestimmter Songs spielen in der Geschichte der populären Musik eine tragende Rolle.
Wenn ich mir die Trackliste ansehe, scheinen auch tatsächlich nur die ersten drei Tracks in die Zeit vor 1954 zu datieren, sofern es nicht spätere Neueinspielungen sind (ich kenne allerdings nicht alle sonstigen Tracks).
Der Sampler enthällt viele großartige Track, ich will ihn gar nicht schlechtreden, aber LaVern Baker als „Pionierin“ des Rock’n’Rolls? Bei aller Wertschätzung, aber das war sie nicht. „Jim Dandy“ ist erst von 1956 oder 57 und die frühen, härteren Sachen aus ihrer Zeit vor Atlantic (z. B. „I Want To Rock“) waren eher unbedeutend und unspektakulär. Als „Pioniere“ sehe ich viel eher einen Wynonie Harris, einen Big Joe Turner oder eine Mabel Scott, sicher auch Louis Jordan, evtl. Julia Lee, sowie zahlreiche weitere, heute fast unbekannte Künstler der 40er/frühen 50er
Ehrlich, der Sampler war nur ein Anstoß, hier mal wieder Schwung rein zu bringen. Natürlich erhebt das Ding keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder der Weisheit letzten Schluß. Es ist einfach eine (gut gemachte) kleine Sammlung zum Thema. Wie viele Spezialisten haben sich eigentlich schon das Hirn zermartert auf der Suche nach dem angeblich „ersten“ Rock´n´Roll Song?
Wobei wir aber schon bei der Frage sind, wann „schwarzer Rock“ begonnen hat und was ihn definiert, der ich eigendlich nicht vorgreifen will.
Eine durchaus berechtigte Frage. Es steht leider zu befürchten, dass dann vor lauter Uneinigkeit über die Definition der Sache die eigentliche Frage vergessen wird – wieso es aufhörte (oder sagen wir – dramatisch bremste).
Ich nehme stark an, kommerzielle Gründe haben auch schon in den 50ern und frühen 60ern eine Rolle gespielt und könnten die Bewegung weg von Rock(’n’Roll) erklären. Wobei es in jener Zeit m. E. keine eindeutige Linie weg vom Rock(’n’Roll) sondern teilweise eher ein Auf- und Ab gab.
In den 60ern gab es eine starke Konzentration auf Soul und Pop. Nach Jimi Hendrix nahm die Zahl schwarzer Einflüsse im Rock rapide ab. Merkwürdig, ein bißchen könnte man doch auf einen Vorbild/Nachahmungseffekt tippen? Funk löste Soul nahezu ab, dann spielten zwar Gitarren eine Rolle, aber die These von Funk/Hip Hop als „neuer schwarzer Rock“ wurde schon durchgewunken.
Nach wie vor bleibt für mich am Interessantesten, warum schwarze Künstler sich seit etwa den 60ern übermäßig vorwiegend in den abgesteckten Pfaden „ihrer“ musikalischen Genres zu bewegen scheinen.