Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Warum hat der schwarze Rock´n´Roll aufgehört oder ist das überhaupt so? › Re: Warum hat der schwarze Rock´n´Roll aufgehört oder ist das überhaupt so?
Whole Lotta PeteWahrscheinlich wurde der Begriff „Rock´n´Roll“ 1951 von DJ Allan Freed geprägt. Tat er es, um seine weiße Hörerschaft nicht zu verprellen, da er „anrüchigen“ Rhythm & Blues auflegte? Wie auch immer, bevor und kurz nachdem Elvis Presley und Bill Haley die Brücke zwischen vielen Stilen schlugen und einem sehr breiten Publikum schmackhaft machen konnten, waren die Pioniere des „Rock“ schwarz. Ich nenne Ike Turner, Rufus Thomas, Ray Charles, Fats Domino, Little Richard, Bo Diddley und viele mehr, die zumindest große Schnittmengen in ihrer Musik mit „Rock´n´Roll“ hatten. Und dieser war doch auch eigentlich insgesamt eine Schnittmenge. Einige von ihnen hatten auch später noch Erfolg mit rockigen Songs oder waren wie der große Chuck Berry gar Inbegriff des frühen Rock. Etliche waren ferner auf ihre eigene Weise Wegbereiter, vielleicht kann ich hier Etta James, Howlin´ Wolf und weitere Künstler nennen, die man eher bei Soul und Blues verorten würde.
Der Weg des Rock´n´Roll, so wenig genau der Begriff auch heute sein mag, ist schon oft erörtert und erforscht worden. Was mich interessiert – wie kommt es, dass „Rock“ heute nicht mehr als Musik wahrzunehmen ist, die auch und umfassend von schwarzen Künstlern betrieben wird? Wie aus gesellschaftlichen und letztlich kommerziellen Gründen in den 50er und 60er Jahren schwarze Musiker ihren Rock´n´Roll, man könnte sagen „an weiße Interpreten“ abgeben mussten oder abgegeben haben, ist ja auch schon häufig wiedergegeben und hinterfragt worden. Pat Boone aber auch Elvis sind für ihren Erfolg mit Songs schwarzer Rocker genauso bekannt geworden, wie später deren nicht vorhandene oder lausige Tantiemen für diese Grundsteine.
Jedoch ist meine Basis für diesen Diskussionsanstoß nicht die Frage, wie die Schwarzen aus dem Rock´n´Roll gedrängt wurden oder dieser in etlichen Beispielen von weißen Künstlern übernommen und entwickelt wurde. Viel mehr interessiert mich, wieso heute (und das seit Jahrzehnten) kaum schwarze Musiker im Rock, Rock´n´Roll, Punkrock, Hard Rock, Metal usw. aktiv sind. Limitieren sich viele farbige Künstler im Musikbereich selbst auf die abgesteckten Territorien wie Modern R&B, Soul, Hip Hop, Reggae? Wenn ja, warum? Heute spielen z.B. weiße Musiker alle vorstellbaren Formen von Sounds, da gibt es keine Grenzen. Weißer Hip Hop? Alter Hut. Weißer Jazz? Klar. Blues? Wieso nicht.
Aber wenn ich so da sitze und Fats Domino oder Chuck Berry höre, da frage ich mich doch oft – Jungs, so seid ihr Schwarzen im Rock geblieben? Ich hoffe, mein Anliegen kommt rüber. Schreibt alles, was euch dazu bewegt oder was ihr vermutet. Vielleicht sogar wisst?
Wenn man Chuck Berry oder Bo Diddley als Pioniere des Rock ansieht, dann verpasst man ihnen eine Etikett, was vielleicht zutreffend ist aus der historischen Betrachtungsweise. Doch eigentlich sahen sich diese Musiker eher als Rhythm & Blues-Musiker. Und auch Jimi Hendrix fühlte sich als Gott der Rockgitarre nicht wirklich wohl und wollte in der späteren Zeit viel mehr seine Verwurzelung im R&B und Soul betonen und sich außerdem mehr in Richtung Jazz bewegen.
Ich persönlich kenne (das muss ich zu meiner Schande gestehen) nur eine wirklich wichtige schwarze Rockband: Livin Colour. Ansonsten hab ich den Eindruck, dass dieses Genre für viele farbige Musiker einfach nicht interessant war und ist. Noch heute ist es ja so, dass viele farbige Musiker die übliche Biografie durchleben: vom Gospel hin zu Soul/R’nB,HipHop… und damit ist man schon ein ganzes Stück auf einer anderen Traditionsschiene großgeworden…
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