Re: Labyrinths – Irrlichts Alben-Faves

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gruenschnabel

Registriert seit: 19.01.2013

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IrrlichtIch glaube in diesem Punkt müssen wir uns damit begnügen, dass wir auf keinen gemeinsamen Nenner kommen. Für mich liegt in repetitiven Mustern zunächst kein negativer Grundtenor, da man derartiges – wie eben auch in „Echoes“ – sehr effektiv einsetzen kann. Und wenn es Dich beruhigt: Ich dröhne mich beim Musikhören prinzipiell nicht zu – und dennoch waren diese Aufnahmen für mich immer greifbar. Und gerade bei Tangerine Dream und auch einigen anderen Pink Floyd Werken lasse ich mich gerne durch die verwunschensten Keyboardwelten führen, die dieser Zeit zu entlocken waren.

Bei „Echoes“ bin ich voll mit im Boot – kann diesen Track völlig drogenfrei genießen, langweile mich kein bisschen, gerate nach dem „Urwald“-Teil in einen rauschartigen Zustand – und liebe den Song einfach heiß und innig. Ich möchte also auch rein gar nichts gegen repetitive Strukturen sagen, sondern nur: Es gab für mich in deinem Text keine überzeugende Überlegung, warum solche Strukturen auf TDSOTM den genannten Gegenbeispielen unterlegen wären. Ich finde sie dort ziemlich auf den Punkt gebracht, ohne dass ich „On the run“ oder „Any colour you like“ mehr lieben würde als „Echoes“.

IrrlichtDen Popbegriff hatte ich im genutzten Kontext weiter unten auf erste Verwunderungen bereits schonmal etwas näher erläutert. Natürlich ist „The dark side of the moon“ kein Popalbum im eigentlichen Sinne, vielleicht aber eines, das mittlerweile als Teil der Popkultur gesehen werden kann.

Ein paar Fragezeichen habe ich zum Nachfolgenden aber doch. Du sprichst von „funktionierenden Projektionsflächen“ – das ist sicher richtig, die Frage ist für mich aber dabei, wie gut die Angelegenheit auch auf tiefe Beobachtung funktioniert. Du sagst es ja selbst: Die Texte sind derart vage, dass sich jeder darin wiederfinden kann. „The dark side of the moon“ spricht einen jeden an, der die Reichen verlacht, mal vor dem Tod Angst bekam, irgendwann meinte verrückt zu werden oder generell allein zu sein – kurzum also so ziemlich jeden. Das ist einerseits – neben anderen Gesichtspunkten – zwar der ewige Markt dieses Albums, beim genaueren Hinsehen aber auch sein ärgstes Problem, da es im Vergleich zu vielen anderen Werken dieser Band dabei erstaunlich blass bleibt. Oder anders: Das Album erlahmt an seinen am besten gefütterten Ambitionen.

Na ja, ob es wirklich erlahmt? Ich denke, dass „Popkultur“ u.a. genau davon lebt, dass sie Massenidentifikation ermöglicht. Und die hat offensichtlich prima funktioniert – über Jahrzehnte hinweg. Aber sicher: Das Album bietet diesbezüglich in der Tiefe dann kaum etwas. Deine Kritik daran ist nachvollziehbar.

IrrlichtIch kann Deine Anmerkungen nachvollziehen, finde es aber ungleich schwieriger die Musik selbst – wie auch immer Du es nennen magst – zu kritisieren, da die Richtwerte oftmals relativ unschlüssig sind. Ich kann einen Song nicht derlei abhandeln, dass diese oder jene Note nicht passt, der Takt zu langsam ist und ähnliches – das geht zwar auch, ist aber als umfängliche Abhandlung noch dürftiger. Für mich zählt das Gesamtwerk – und dort spielen Texte, ihr Zusammenwirken mit der Musik, die Gestaltung der Tracks, die Art der Variierungen und Ähnliches eine weitaus größere Rolle. Und gerade „Any colour you like“ wirkt auf mich mehr wie eine arg unfokussierte Fingerübung, die lediglich dem Verbund der Tracks zuträglich ist, als „Song“ aber einerseits konfus klingt, aber auch keinen wirklichen Höhepunkt erreicht, an dem er mich erreichen würde. Du nennst das „Jam“, ich nenne es langweilig und mag dabei gar nichts gegen eher improvisiert wirkende Aufnahmen allgemein etwas gesagt haben. Für mich gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen diesem und „Echoes“, da gerade letzterer eine erstaunliche Spannung aufbaut, sehr subtil ist und mich eine Reihe von Einzelpassagen mehr als fasziniert.

Und zu Deinem letzten Satz: Verkaufszahlen sind natürlich der letzte Beweis für die Qualitäten eines Albums, aber das weißt Du sicher selbst.

Mit dem letzten Satz wollte ich zum Ausdruck bringen, dass sich dein Empfinden von Langeweile nicht dazu eignet, um einen solch langlebigen Mythos anzukratzen. Wo ich aber wiederum absolut auf deiner Spur bin und deine Überlegungen auch total gut finde: Es geht sicherlich nicht um trockene Musikanalyse, die nur sich selbst genügt. Klar, da müssen immer Zusammenhänge geknüpft werden, ansonsten brächte es keine lohnenswerten Ergebnisse. Wenn du aber vom „Zusammenwirken“ von Texten, Musik, größeren Strukturen usw. sprichst, lässt sich das Eingehen auf die Beschaffenheit der Musik per se nicht umgehen, denn nur so kann das Zusammenspiel mit anderen Aspekten und Faktoren überhaupt verifiziert werden. Zu den Texten und dem sprachlich-inhaltlichen Konzept hast du da mehr gebracht. Ich möchte keinesfalls sagen, du seiest gar nicht auf die Musik eingegangen. Es war für mein Verständnis aber zu viel vages, subjektives Erleben und zu wenig substanzielle Vertiefung in deinem Text, um ein solch „großes“ Album kleiner zu reden.

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