Re: Labyrinths – Irrlichts Alben-Faves

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atom
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IrrlichtIch finde Nadine Shahs Kunst gerade dann ergreifend, wenn sie sich lediglich von einem Klavier tragen lässt und die ausbrechenden Momente alleinig mit ihrer Stimme erzeugt. Es gibt Ausnahmen, wie etwa „Runaway“, wo mich bereits die Zeile „You wanna runaway to your whore“ begeistert (die Protagonistin ist hier eine verlassene Frau, die die Kinder hütet, während der treulose Mann längst das Haus für irgendein anderes Bett verlassen hat), aber letzten Endes bleiben es die Tracks, die durch ihre Lautmalerei bestechen, durch ihre zurückhaltende Intimität und intensive Darstellung von Bildern. Shah entsammt einem gemischten Elternhaus: Während die Mutter aus Norwegen kommt, ist ihr Vater aus Pakistan und deren Sprache, Urdu, wiederhallt teilweise in manchen Betonungen, wie ich finde, auch wenn die Ghazels, die Lieder, die ihr als Kind vorgesungen wurden, leider keinen Platz auf ihrem Debut finden. Was ich sehr spannend gefunden hätte.

Ich kann jedem empfehlen, diesem Werk eine Chance zu geben. Mit schnellen Eindrücken entgeht einem hier leider ziemlich vieles. Und im Ernst: Man sollte dieses Jahr nicht verstreichen lassen, ohne das bezaubernde „Winter reigns“ gehört zu haben, Shahs Ode an all die Menschen, die in dieser Welt frieren und der Dunkelheit nie ganz entkommen. Das ist einer der schönsten Songs, die dieses Jahr bisher zu bieten hatte, ein fröstelndwarmes Klavierstück, das in etwa die Bilder und Gefühle widerspiegelt, die man sich macht, im Januar, wenn der erste Schnee fällt. „Well mother says I was a winter child, but how that woman she was wrong/for you won’t see me when its cold outside/I’m at the bar keeping warm/How winter reigns again“. Absolut wundervoll.

Schade, dass dein toller Text zu Nadine Shah hier etwas untergeht, was natürlich daran liegt, dass man mit Gassenhauern mehr Leute aus der Deckung holen kann – besonders wenn es sich dabei um eine Band mit einer derartig großen Fanbase handelt.

Aber zurück zu Shah: Im Gegensatz zu dir höre ich kein so starkes Gefälle, ich habe allerdings auch ein Faible für Redundanzen mit minimalen Verschiebungen. Was „Aching Bones“ betrifft, so kam mir kaum „Armenia“ in den Sinn sondern vielmehr Massive Attacks „Angel“, das ja sehr offensichtlich zitiert wird.

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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...