Re: Labyrinths – Irrlichts Alben-Faves

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bender-rodriguez

Registriert seit: 07.09.2005

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Nachdem wir uns ja mittlerweile so schön einig sind, was die „Neo“-Goth-Szene angeht, warne ich allerdings auch vor kompletten Pauschalisierungen und Fehlinterpretationen. Sehr wohl darf man getrost das Erscheinungsbild und diverse Habiten dieser sich eigentlich überlebten Szene in die Tonne treten, allerdings stufe ich die aus Punk/Postpunk/Industrial hervorgegangene musikalische Goth-Entwicklung als nach wie vor interessant ein. Primär natürlich die „alten“ Vertreter dieser Zunft, allerdings auch die künstlerischen Impulse, die bis heute noch auszumachen sind – und ich spreche nicht von der x-ten Zielgruppen-only-relevanten Schwarzkittelsurrogat-Band, sondern von den Sounds, Themen und Spurenelementen, die (oftmals unmerklich) in den alltäglichen Pop-Betrieb eingeflossen sind. Im Klartext heisst das: ohne dieses spooky, schwarzromantische, kitschige, sterbender Schwan-Getue mit seinen oftmals auch tragikomischen, vollkommen bescheuerten Momenten wäre die Popmusik um einiges ärmer. Ein Marc Almond z.B. wäre ohne „Goth“ in dieser Form nicht denkbar – und gerade dort, wo man „Goth“ eigentlich am wenigsten erwarten könnte, tritt er plötzlich hinter dem schweren Samtvorhang hervor ins gleissende Licht der Öffentlichkeit – oftmals natürlich furchtbar peinlich, aber in nicht seltenen Fällen auch mitreissend gekonnt.

Was ich zu der „Authentizität“ der FOTN noch zu sagen habe ist schnell erledigt: es scheiden sich die Geister (auch – und im Besonderen – in „Fachkreisen“), während die einen die Band als eine Art „Rockretter“ (mit Betonung auf Rock) der schwarzen Szene mit offenen Staubmänteln aufnahmen, so sahen viele andere (u.a. ich) in dieser Band den Anfang des Endes dieses Genres. Dadurch begründet, daß die FOTN die erste Band war (zumindest die erste in einem grösseren Maße erfolgreiche), die mit einem unmissverständlich 100% zielgruppenorientierten „Konzept“ aufwartete, das in seiner vermeintlichen „Authentizität“ eigentlich doch nur vollkommen künstlich und hohl wirkte. Leider genoss diese Band bald Vorbildfunktion – und leistete somit diesen Strömungen einen Vorschub, die dieses Genre unglaubwürdig und schliesslich verzichtbar machten.

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I mean, being a robot's great - but we don't have emotions and sometimes that makes me very sad