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Bender RodriguezIn der Tat ist das Gothic-Genre in seiner aktuellen Ausprägung vor allem ein Spielplatz für „Spießer in Schwarz“, die derart von ihrer angeblichen Individualität überzeugt sind, daß sie denken, sich in ihrer Freizeit richtig nonkonform zu entfalten. Ja, eine damit einhergehende Biederkeit in kultureller Rezeption und oftmals in Weltanschauung ist nicht selten vorzufinden.
Der (musikalische) Tellerrand ist weit entfernt, man orientiert sich gern an stereotypen Sounds, die man getrost als unanspuchsvoll durchsichtig bezeichnen kann. Natürlich sieht dies ein typischer Anhänger dieser Szene vollkommen anders: Hauptangriffsziel ist der „Chartspop“ der „Stinos“, pikanterweise tummeln sich mittlerweile zahlreiche Goth-Zielgruppen-Künstler in eben diesen Charts – und zwar oftmals recht weit oben! Dies wird dann wiederum als Erfolg abgefeiert – und nicht etwa als kommerzielle Ausschlachtung des „Undergrounds“ verteufelt, wie man eigentlich folglich annehmen müsste. Und natürlich feiert eine Gazette wie „Orkus“ diesen Tschipoka kritiklos ab – jeder Krämer lobt seine Ware – und bei einem relativ beschränkten kulturellen Angebot und Wirkungs- und Betätigungsfeld (die Zielgruppe ja nicht verstören), sollte man sich sein Wasser ja nicht selber abgraben…
Auch wenn ich Dir vor kurzem noch eisern widersprochen hätte: Sehe ich mittlerweile recht ähnlich. Vielleicht musste da erst eine kritische Distanz heranwachsen, auch wenn ich mich mit dem Genre in all seinen obskuren Auswüchsen nie ganz identifizieren konnte. Was mich allerdings mittlerweile stark abschreckt ist die doch recht starke Feindlichkeit gegenüber Personen, die diesem Kreis als Andersdenkende (Outift, you know) betreten. Ich habe nicht nur einmal vernommen, dass man als Normalbürger (also im Sinne von alltäglicher Kleidung, vielleicht auch mal schlichtes weiss, soll es ja abseits Rüschchen auch geben) auf bestimmten Festivals (zu welchen auch das WGT gehört) geradezu herausgeekelt wird. Bei einer Gruppierung, die soviel Wert auf Toleranz und Achtung ihrer kleinen „Glaubensgemeinschaft“ legt doch ein recht starkes Stück, finde ich. Und auch dieses Verhalten der sehr einseitigen Denkweise kam mir oft entgegen. „Wir biedern uns nicht dem Mainstream an! Auf keinen Fall! Wiederlich, dieses Formatdingens!“ (Gothic also doch keine massentaugliche, dezent kitschige Bewegung? Muss grade wieder an dieses üble Emo-Teil denken, das mich nochmal deutlich mehr befremdet) an“ schlugen als Schlagworte durch den Raum, witzig, wenn sie dann alle elitär und freigeistig mit HIM-Aufnähern um die Ecke kommen und sich ihre Mode zu großen Teilen bei H&M kaufen oder gleich auf dem Basar der Ungewöhnlichen für Niedriglohnpreise einkaufen gehen, um danach außerordentlich viel auf dieses abnorm teuer Hobby (Hobby? Sic! Lebenseinstellung natürlich, keine halben Sachen) zu geben. Alles sehr obskur und zweischneidig, die Musik steht dem in Nichts nach. Viel Schminke und Hall, von prägnantem Songwriting (abseits des Mainstreams ;-)) höre ich da oftmals nicht viel. Hat mich auch im Metal-Genre irgendwann genervt. Diese lauter-schneller-härter-Denkweise entspricht nicht der meinen, zumal mich auch musikalisch abseits dessen recht wenig davon anspricht. Die Fieldies bilden da, wie bereits erwähnt schon eine Ausnahme, da ich – ob Dir das nun auch so begegnet oder nicht – Carl McCoy als recht authentisch in seiner Arbeit wahrnehme und nicht als biederen Aufspringer auf den Zug der Schreckgespenster und kosmischen Clowns (man wollte mir vor kurzem unbedingt Soper Aeternus, oder wie die/der (nicht ganz zu erkennen) heißt, andrehen, ging gar nicht).
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Hold on Magnolia to that great highway moon