Re: Labyrinths – Irrlichts Alben-Faves

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carrot-flower
Moderator

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Den gestrigen Abend habe ich mopsfidel mit Portishead und zehn Seiten Papier verbracht, also nun etwas mehr Rückmeldung zu Text und Deutung. Die Kritik wirst du mir nicht übel nehmen, du weißt ja, dass ich deinen Text grundsätzlich sehr gelungen finde und du generell nicht auf meiner To-Hate-Liste stehst. Zudem haben gerade meine Fragezeichen an deinem Text meine Deutung dieses Albums erst herausgekitzelt, merci also!

Als Erstes aber noch die Übersetzung der portugiesischen Verse (gegoogelt, ich kann auch kein Fitzelchen Portugiesisch):

Beachte die Regel der Drei.
Was du gibst, wird zu dir zurückkommen.
Diese Lektion musst du lernen.
Du bekommst nur, was du verdienst.

Angesichts der Tatsache, dass der Arbeitstitel von „Silence“ „Wicca“ lautete, sicherlich food for thought. Man muss sich aber nicht mit Hexenkulten beschäftigen, um den Spruch zu deuten; in wohl jeder Kultur gibt es Sprichwörter und Sinnsprüche, die auf eine Art kosmisches Ausgleichs-Gesetz hinauswollen. Damit ein Album zu eröffnen, in dem die Frage danach, was sich Leute antun, Verletzung durch den Anderen und Verlust von Deutungsmustern eine große Rolle spielen, kommt nicht von ungefähr. Aber genug davon, zumindest hier und jetzt.

Was mich etwas gestört hat, war der Versuch, eine Art festes Szenenbild zu entwerfen, in dem sich ein Protagonist bewegt. Sicher hat man immer auch Bilder im Kopf, wenn man Musik hört, aber mir war das zu starr. Da hat man dann diese Großstadtszenerie mit einer Person in einer bestimmten Lage, und plötzlich muss jede Stimmung jedes Songs irgendwie in dieses Bild passen. Manches davon wirkt auf mich etwas gezwungen bzw. konstruiert. Ich denke, du hast es so gemacht, um dem Text einen Rahmen zu geben, für mich ist das kein Gewinn.

Sehr schön finde ich dagegen meist die Ausdrücke, mit denen du die Musik direkt beschreibst bzw. Stimmungen einzufangen versuchst („seidigen, fast bedrohlichen Rhythmus“). Das ist sehr eigenständig, und ich kann das ganz gut deuten. Allerdings auch hier eine kleine Kritik: manche Bilder sind etwas windschief oder überladen, aber das passiert schnell, wenn man beim Schreiben gerade selbst emotional ist oder viele Eindrücke auf einmal festhalten will.

So viel zum Text.

Zur Interpretation: Da höre ich vieles anders als du, das lässt sich hier aber unmöglich en detail darstellen (ich bin aber gern dabei, wenn du den Ball aufnimmst). Zum Beispiel nennst du „The Rip“ verzaubernd, hoffnungsvoll. Für mich ist es bei aller Sanftheit und Schönheit auch leise bedrohlich, schon allein durch die verstimmte Gitarre (wunderbare Idee). Oder „Deep Water“. Ich hab das selbst noch nicht ganz klar, aber drollig oder herzallerliebst kann ich den Track nicht finden – hast du mal auf diesen Chor geachtet? Statt in Barbershop-Manier akzentuiert und dynamisch zu trällern, singen hier Wasserleichen, ganz verschliffen und müde. Zusammen mit all dem bedrohlichen Wasser im Text kein Sonntag mit Segeltörn…

Für mich am anregendsten war dein Abschnitt über die Wirkung, die das Album auf dich hat, denn das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Zapft dir „Third“ tatsächlich Freude ab, fühlst du dich schlecht, wenn du es hörst? Ich will hier nicht wieder in philosophische Gefilde abdriften (sonst heult nachher wieder einer :lol:), aber mich kann traurige Musik nicht runterziehen, wenn sie so hervorragend und intelligent gemacht ist, und ich unterstelle, dass es dir ebenso geht, sonst würdest du sie nicht freiwillig hören, oder? Kriegst du nicht schlechtere Laune, wenn du das Radio anstellst und irgendwas lieb- und gedankenlos Zusammengeknüppeltes hörst?

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the pulse of the snow was the pulse of diamonds and you wear it in your hair like a constellation