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tolomoquinkolomAbgesehen davon, dass die Gabe zu bewundern ist, vom Titelbild auf die Qualität des Heftinhaltes schließen zu können, ist es weder originell, noch besonders mutig auf Spears herumzutreten, weil es inzwischen bereits so viele andere auf arrogante Weise und sehr intensiv tun. Wenn sich z.B. mal wieder das nölende, sich selbst feiernde Arbeiterdenkmal Springsteen aufs RS-Cover drängt, würde ich gerne auch mal eine so derart herablassende Reaktion lesen.
Wieso? Zwischen Springsteen und Spears liegen in jeder Hinsicht Welten.
Spears ist das dumme Südstaaten-Flittchen, deren Ignoranz so tief ist wie der Marianengraben. In vielerlei Hinsicht verkörpert sie – wie Sarah Palin und Nachwuchs – die geistig beschränkte, heuchlerische Welt der provinziellen amerikanischen Mittelklasse. Kirche, Sex, Kinder, Alkohol & Drogen – der geistige Horizont endet bestenfalls an der Staatsgrenze. Nur dürfen wir die ganze Erbärmlichkeit ihres Daseins live und in Farbe jeden Tag miterleben.
Springsteen ist der Chronist der amerikanischen Arbeiterklasse, ein glänzender Erzähler in der uramerikanischen Kunstform des Rock’n’Roll. Er verkörpert die Wünsche und Sehnsüchte der Arbeiterklasse, der kleinen Leute. Ihr Leben, ihre Wut, Verzweiflung, aber auch ihre Hoffnungen und Sehnsüchte. Mehr noch: Springsteen bettet seine Erzählungen in historischen, politischen und gesellschaftlichen Kontext ein, er zieht Parallelen, stellt Vergleiche an, urteilt, bewertet, fragt und kritisiert. Springsteen ist politisch, ein unbequemer Denker, kein Hurra-Patriot, sondern bei allem Glauben an das Versprechen Amerikas, ein kritischer Begleiter, ein denkender Mann.
Von beiden kann man viel über Amerika lernen, aber im Fall von Springsteen ist die Musik doch wesentlich besser.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.