Re: Morrissey – Years Of Refusal

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nikodemus

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Dann will ich den Zweiflern und Nörglern mal entgegentreten. Selbstredend ist Years Of Refusal wieder ein gutes Album geworden. Man mag die musikalische Untermalung muskulös, breitbeinig oder dickbäuchig schimpfen, Boz Boorer und seine Jungs holen aus Morrissey den vielleicht besten Gesangs hervor, den er seit den Smiths abgeliefert hat. „Skull“ ist ein toller Auftakt, Moz schraubt seine Stimme in die Höhe und wirbelt mit Wörtern, dass es die reinste Freude ist. „Mama“ soll mit seinem stumpfen Drums wohl etwas erhaben wirken, zusammen mit dem tollen Refrain und dem typischen Klagen, gibt das immer noch ein guter Song. Zumal der noisige Sound gut Morrisseys weichen Gesang konterkariert. Der tolle Mitsingpop von „Paris“ sorgt dann genau für die richtige Abwechslung nach dem eher mittelmäßigen „Black Cloud“.

„All You Need Is Me“ ist die bekannte Power-Hymne mit dem großartigen Ende, die es sicherlich zum Live Knaller bringen wird: You don’t like me but you love me, either way you’re wrong – you’re gonna miss me when I’m gone. Die Mariachi Bläser und Flamenco Gitarren in „Carol“ ließen Schlimmes befürchten, allerdings funktioniert der Song ziemlich gut und trägt zur Abwechslung des betont rockigem Sounds bei. „That’s How People Grow Up“ ist dann die Trotz-Wehklage über das Alleinsein bis der Protagonist feststellt, es gibt wesentlich schlimmeres als ungeliebt zu sein. Ungewöhnlich für den Ungeliebten, aber das ist wohl die Reife des Alters.

Nach hinten wird das Album dann etwas schwächer, „Farewell“ und „Sorry Doesn’t Help“ sind typische kleine Füller, die Mozza fast auf jedem Solo Album einbaut. Nicht richtig schlecht, aber ein wenig enttäuschend. „It’s Not Your Birthday Anymore“ hat einen großartigen Anfang, zum ersten Mal nimmt sich die Band kurzzeitig zurück, aber nur um im Gift und Galle Refrain mit mehr Power zurückzupeitschen. Ganz groß auch die einzige Ballade auf Refusal, im nostalgischen „You were Good In Your Time versinkt Mozza in Kontemplation, im Hintergrund hört man etwas französisches brummeln, die geliebten Pseudostreicher und eine Zuckerwatte-Melodie bemalen dieses Stück Abrechnung mit Marr oder sonstwem. Herzallerliebst. Zum Schluss lassen es Boorer, Tobias und co. nochmal krachen, Morrissey will uns mit einem Zwinkern erklären, dass alles gut ist. Darauf fallen wir natürlich nicht rein.

Sicherlich das rockigste Album seit Southpaw, aber mit mehr Pop und mit einem Morrissey, der kräftiger singt, mit einer ausdrucksstärkeren Stimme als in den 90ern. In der Summe wohl knapp hinter Quarry und Ringleader, aber immer noch vintage Morrissey und damit sehr gut.

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and now we rise and we are everywhere