Re: Die Übermacht der Nostalgie in der Wahrnehmung von Popmusik

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j-w
Moderator
maximum rhythm & blues

Registriert seit: 09.07.2002

Beiträge: 40,676

@ Wolfen:
Nein, ich habe keinen Hass auf Dich. Aber Du hast mich über Jahre hinweg hier (selbst noch als Wolfen!) und im ME-Forum übelst angeschwärzt, immer wieder meine Qualifikation als Moderator in Frage gestellt und spielt jetzt – schon wieder! – das Unschuldslamm. Die Tatsache, dass Du hier als Wolfen in den letzten Jahren recht problemlos walten konntest, obgleich wir von Anfang an wussten, wer sich dahinter verbirgt, zeigt doch dass wir gar nicht nachtragend waren. Ich habe auch nicht vor, das hier noch weiter zu führen, wollte das nur noch mal klarstellen.

Und zum Thema:
Gerade aktuell sind zwei Beispiel-Acts, die bei mir nostalgische Bedeutung haben, im Gespräch. Zum einen Guns’n’Roses mit dem endlich erschienenden Chinese Democracy und zum anderen BAP, die hier einerseits von WD mehrfach angeführt wurden und ja gerade auch ihre langerwartete Tour zu Radio Pandora starten.
Erstere waren für mich Ende der 80s/Anfang der 90s eine Truppe, dir mir all das an Wildheit, an Unangepasstheit, an Rock’n’Roll-Rebellentum zu verkörpern schien, was ich in 50s/60s/70s Acts auch gesehen habe, aber nicht miterleben durfte. Damit haben sie mich gepackt. Mit dem Paradiese City-Video und dem Sweet child of mine-Lick von Slash. Obwohl ich sonst gar kein Heavyrock-Fan war – G’n’R haben meine Rock’n’Roll-Fantasys gefüttert und das wirkt noch heute. Alle Jubeljahre lege ich mal eine von den alten Platten auf und lasse die Erinnerungen die Musik umspülen und finde das gut. Reicht dann aber auch wieder für 5 oder 10 Jahre. Wie gesagt, mit der Art von Musik konnte ich damals schon nur ausnahmemäßig etwas anfangen – heute habe ich das neue Album vier Songs lang im Laden angehört und: Nein ich brauche das nicht, das ist nicht mehr meine Welt. Die Musik werde ich mir nicht auflegen. Aber jeden Artikel über G’n’R bzw. die alte Besetzung werde ich trotzdem interessiert lesen.

Anders BAP. Die fand ich Anfang/Mitte der 80s toll, weil vor allem Wolfgang Niedecken für mich ein wichtiges Sprachrohr war, ein Typ, der mir Halt und Alternativen zum Elternhaus gab. Den Major als Gitarristen fand ich damals auch noch toll, auch das vermeintlich harmonische Kollektiv, in denen Musiker, Roadies, Manager und Mixer alle zusammen die BAP-Familie bildeten. Eine Illusion, wie später gewahr wurde. In der zweiten Hälfte der 80s nahm dann mein Interesse an der Band ab und führte sogar ab den 90s dazu, dass ich wirklich weg von ihnen war, wobei mich Niedecken als Typ immer noch interessiert hat und ich es auch toll fand ihn solo mit seiner Leopardenfellband (die Dylancovertour) zu sehen. Und dann kam die große Umbesetzung, der Abschied der Weichspülerfraktion um Major und Effendi und auf einmal waren BAP wieder eine Band, deren Sound ich mochte und die für mich, in dem was sie tat, wieder glaubwürdig und relevant war. Und darüber freue ich mich sehr, ich finde zwar nicht alles, was sie seitdem veröffentlicht haben, gleich gut, habe aber wieder Freunde dabei ihre neuen Sachen zu hören. Die alten Platten lege ich mir selten auf. Weil sie musikalisch auch in den meisten Fällen (Ausnahmen gibt es allerdings!) auch heute nicht mehr viel geben. Aber wenn sie so etwas tolles wie die neuen Alben machen, dann bin ich wieder Fan.Obwohl die Band sich mehrmals gehäutet hat und von der Besetzung her außer Niedecken keiner mehr von der Besetzung, die mich damals zum Fan gemacht hat, dabei ist und mir früher auch gerade diese Typen, die das vermeintliche BAP-Kollektiv ausgemacht haben, wichtig waren. Wie bei G’n’R. Bei der einen Band war die Häutung Rettung, bei der andern Tod.

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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue