Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Die Übermacht der Nostalgie in der Wahrnehmung von Popmusik › Re: Die Übermacht der Nostalgie in der Wahrnehmung von Popmusik
Spannend ist doch eher die Frage, warum man sich von seinem nostalgisch verklärtem Musikkonsum emanzipieren soll?
Aus intellektueller Sicht sicherlich einfach zu beantworten. Aber Musik ist vielleicht doch nicht nur rationell zu begreifen, sie weckt Erinnerungen, erschafft Bilder im Kopf, bzw. bringt Erinnerungen und Bilder zurück ins Gedächtnis, das kann „neue“ Musik einfach nicht. Die Musik hat ganz starke psychologische Wirkungen. Man kann sich in bestimmten Situationen einfach wieder „jung fühlen“. Ich denke, da werden einfach bestimmte Mechanismen in Gang gebracht.
Es verhält sich doch z.B. bei Gerüchen ähnlich. Aromen und Düfte, die wir in Kindes- und Jugendalter als angenehm empfunden haben, werden uns unser ganzes Leben lang positiv verbunden bleiben. Wer kennt die Situation denn nicht, irgendwo etwas zu schnuppern, dass einem irgendwie wohlig bekannt vorkommt und ein gutes Gefühl gibt? Sollte man sich denn z.B. von diesen Erinnerungen auch emanzipieren? Wäre es auch hier an der Zeit zu sagen: „Naja, das war früher ganz ok, aber heute gibt es so viele neue Gerüche, da will ich das Alte gar nicht mehr gut finden“
Ich finde es persönlich eher schwierig, Dinge zu werten, die jemand anderen emotional betreffen und die ich selber aber nicht nachvollziehen kann.
Man kann das auf alle Lebensbereiche übertragen:
Warum lieben immer noch so viele Menschen Borussia Mönchengladbach, wo es doch Vereine wie Hoffenheim gibt?
Warum MiniGolf in Zeiten von Nintendo Wii?
Ich verstehe die Diskussion und ich verstehe auch worauf der Frager hinaus möchte – er hat ja auch gar nicht so Unrecht, aber intellektuelle Sicht- und Herangehensweisen sind nicht in jedem Fall der Schlüssel zur Beantwortung einer Frage.
Aber genau aus diesem Grunde reagiert der ein oder andere vielleicht auch so pikiert. Es wird eben nicht nur der sogenannte Musikkonsum kritisiert (oder verhöhnt oder angeprangert), sondern aufgrund der gefühlsmässigen Betroffenheit wird ein Angriff darauf als ein persönlicher gewertet, einen, der quasi die eigene Biographie als fragwürdig dastehen lässt. Wer mag das schon?
--