Re: Die Übermacht der Nostalgie in der Wahrnehmung von Popmusik

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wolfgang-doebeling
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otisBezogen auf Literatur und Film (von bildender Kunst ist in diesem Zusammenhang wohl gar nicht erst zu reden) sei ein aktiveres Bewusstsein zu beobachten als in der Musik, meinte WD eingangs sinngemäß. Dem stimme ich zu.

Meines Erachtens hat das damit zu tun, dass Musik sich so hervorragend als Genussmittel ge- und missbrauchen lässt. In allen Not- und Lebenslagen mag sie einen Soundtrack bieten, den Literatur und Film und Kunst in dieser Form nicht oder nur auf andere Weise liefern können. Dafür sind sie zu anspruchsvoll in dem Sinne, dass der Rezipient als Leser oder distanzierter Betrachter aktiv werden muss.
Bei Musik ist das anders. Musik taugt als pures, passiv zu konsumierendes Genussmittel. Du drückst auf Play und generierst dir deine Gefühle, deine Stimmung bzw. passt die Musik darauf ab. (Literatur und Film hätten in diesem Sinne eher eine eskapistische Wirkung.)
Das ist für viele wahnsinnig verführerisch und steht einer aktiven Auseinandersetzung im Weg, behindert oftmals wohl auch die Entwicklung eines Qualitätsbewusstseins, da die Wirkung mit dem häufigeren Gebrauch nicht abnimmt.

Die beinahe beliebig häufige Wiederholbarkeit eines Stücks Musik ist sicher Teil der Antwort, ein offenbarer Mangel an Abnutzung ein anderer. Auf die Frage: warum klebt man länger an Hör- als an Sehgewohnheiten. Keine Antwort jedoch auf die eigentliche Frage: warum nimmt man sein Spielzeug nicht mit ins Erwachsenenleben, nicht die Kinderbücher, nicht die Bibi-Blocksberg-Cassetten, aber die Bay City Rollers? Oft nicht einmal die Originalschallplatten, denen man ja immerhin die Aura des Authentischen zubilligen muß, einen nostalgieträchtigen Wert an sich, sondern irgendeine popelige Best-of-CD, auf der die Rollers nicht einmal so klingen wie seinerzeit. Unvertraut. Wo ist der Sinn? Beats me.

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