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Paul Weller – Stadthalle Heidelberg – 10.10.2008
Von English-Folk bis hin zu UK-Powerpop mit vielen buten Wandlungen zwischendurch: Paul Weller demonstriert auf der Bühne der Stadthalle Heidelberg eine ähnlich stilistisch breite Vielfalt wie auf seinem aktuellen Album 22 Dreams und macht dabei stets eine gute Figur. Mehr noch: Er spielt sich und das Publikum in eine Begeisterung, die seinen Status als Ausnahme-Performer mal wieder deutlich machte.
Der Beginn des Konzertes war eine Überraschung. Und eigentlich aber auch nicht: Wie bereits auf der 2004er Tour, auf der Paul Weller erstmals in der Heidelberger Stadthalle auftrat (und versprach wieder zu kommen!) eröffnete er sein Konzert mit einem akkustischen Teil. Eine zusätzliche Überraschung war die Mitwirkung einer Sängerin (dessen Name Fish ja vielleicht noch in Erfahrung bringen wird), die ihn bei dem Opener Light nights gesanglich unterstütze, nach diesem Song jedoch die Bühne räumte, ohne wieder zurück zu kommen. Die neue Band, mit der Paul Weller in diesem Jahr auf Tour ist, kann gleich im dritten Song, der wunderbaren English-Folk-Ballade All on a misty morning vom Vorgängeralbum As is now, mit fünfstimmigen Gesängen begeistern. Überhaupt bringen die neuen Musiker dadurch dass sie unterschiedliche Instrumente spielen können eine für Weller-Verhältnisse seit den Tagen von The Style Council ungewohnte Bandbreite an Arrangements-Optionen. Bassist Andy Lewis spielt zum Beispiel bei den ersten Songs Cello und wechslet erst bei der fantastischen Version des The Jam-Klassikers The Butterfly Collector zum Bass. Drummer Steve Pilgrim und Keyboarder Andy Croft spielten beide teilweise auch Gitarre und long-time-sideman Steve Cradock spielte neben einer stattlichen Anzahl von Gitarren auch Mandoline und Pedel-Steel.
Nach dem akkustischen Intro zog es die Musiker, die zuvor am vorderen Bühnenrand gesessen hatten, in den hinteren Teil der Bühne zurück, wo sie an Keyboards und Pedal-Steel das instrumentale, krautrockige 111 spielen, das dann in das an die späten Style Council erinnende Invisible überging. Es sollte noch weitere 5 Songs dauern, bis Paul Weller endlich die elektrische Gitarre umschnalle mit der ersten Single des aktuellen Albums Have you made up your mind den rockigeren Teil des Abends eröffnetet. Bis dahin dominierten Einflüsse aus Jazz, Soul, Latin und Balladen, ein unglaublicher Stilmix, der aber nicht nur eine wunderbare Dramaturgie für den Abend brachte, sondern auch unter Beweis stellte, das die stilistische Bandbreite von 22 Dreams auch live funktioniert.
Die Songs des neuen Albums dominierten weiterhin das reguläre Set, nur aufgelockert durch Klassiker wie Out of the sinking oder From the floorboards up (das einzige Lied, das mit der alten Bandbesetzung knackiger und besser daherkam). Den grandiosen Abschluss des Sets bildete eine begeisternde Version von Wild Wood, stilistisch an die Portishead-Remix-Version angelehnt, bei der Weller dann ganz ohne Gitarre am Mikrophon stehend, singend und rauchend wieder einmal unter Beweis stellte, dass seine Stimme mit den Jahren immer besser geworden ist. So sah man ihn zuletzt bei The Style Council doch gehört hatte man ihn überhaupt noch nicht nicht in diesem Stil.
Die Zugaben selbst waren der Moment in dem aus dem bislang in bestuhlter Halle doch eher gesittetem Konzert eine Party wurde. Immer mehr Fans standen auf, kamen vor die Bühne und tanzten in den Gängen, während Weller und seine Band sich mit einer mitreißenden Version des Rose Royce-Klassikers Wishing on a star, den er auf seinem Covers-Album Studio 150 aufnahm, selbst in Rage spielten und dann auch noch spontan seinen 95er Hit The Changing Man (war in der Setlist nicht vorgesehen) als Abschluss des ersten Zugabe-Sets brachten. Wäre das Konzert an dieser Stelle beendet gewesen, wären wohl alle begeistert nach Hause gegangen. Weller kam jedoch noch zweimal zurück und brachte mit Hits wie Broken Stones, dem The Jam-Knaller A town called Malice und Come on let’s go die Halle zum Toben. So ausgelassen und euphorisch kann man ihn nicht alle Tage erleben, es war eine dieser magischen Nächte wo Band und Publikum sich gegenseitig hochschaukeln um sich in dem Sound und den Songs zu vereinigen.
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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue