Re: Keith Jarrett

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vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

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gypsy tail wind
Womit ich allerdings etwas Mühe habe, ist Jarrett auf eine Stufe mit Cecil Taylor zu setzen (ich weiss nicht, ob Du das wirklich tust, vorgarten, also sei mir nicht böse, falls Du das nicht wolltest, meinen Punkt will ich dennoch rasch machen), denn Taylor hat die Form, die Richtung der Musik nachhaltig geändert und geprägt, hat etwas radikal Neues geschaffen, mit vielen Elementen der Jazz-Tradition gebrochen. Etwas von diesem Ausmass hat Jarrett meiner Ansicht nach nicht geschaffen – auch mit seinen Solo-Rezitalen, seien sie noch so unprecedented.
Ich sehe in Taylor einen der ganz grossen Neuerer (vom Range Armstrongs, Parkers, Ellingtons, Coltranes), in Jarrett eher einen genialischen Künstler, der sich innerhalb des Spektrums bewegt (das auch dank Taylor sehr viel vergrössert wurde, wenige Jahre vor Jarretts „Ankunft“ als Künstler und also während seiner Sozialisationsphase). Auch das ist eine alte Diskussion… ich will auch nicht sagen, Stan Getz sei weniger Bedeutend als Sonny Rollins oder so, bloss weil Getz sich stets im selben Rahmen bewegt hat… innerhalb dessen hat er als Improvisator grossartiges geschaffen. Aber das ist auch wieder nur ein schiefer, unzulänglicher Vergleich. Bringe es irgendwie auch grad alles nicht auf den Punkt.

das könnte daran liegen, dass diese ganzen vergleiche zu nichts führen. ich jedenfalls möchte damit nichts zu tun haben und katalogisiere deshalb meine jazzsammlung auch nicht nach sternchen oder noten, damit ich hinterher billie holiday und michael brecker unter irgendwelchen aspekten als gleichrangig bewertet nebeneinander stehen habe oder so.
ich will taylor und jarrett nicht vergleichen, finde es aber auch völlig falsch, dem einen objektivistisch einen „höheren rang“ als dem anderen beizumessen, das sind äpfel und birnen und sowas verklebt mir das gehör. klar kann ich sagen, cecil taylor ist bedeutender als richard claydermann – aber was bringt mir und anderen das?

mein vergleich bezog sich auf mein problem, die musik von musikern an ihren programmtexten abzugleichen – bei taylor und sun ra macht das niemand, bei jarrett machen das alle. mir geht’s in allen drei fällen aber primär um die musik, die sich (das habe ich ja eingestanden) natürlich trotz allem im kontext der gesamtperformance des musikers bewegt.

und – das ist wahrscheinlich schon klargeworden – ich bin eindeutig für eine wiederverzauberung der jarrettmusik! ;-)

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