Re: Keith Jarrett

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vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

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FriedrichEs wäre ja durchaus hilfreich, nicht nur den jeweiligen Standard zu kennen, sondern am besten auch die ganz bestimmte Interpretation, auf die KJ sich bezieht. Auf welchem Sonny Rollins Album ist ALL THE THINGS?

es gibt zwei großartige interpretationen – die erste ist auf dem blue-note-live-at-the-village-vanguard-livealbum (mit wilbur ware und elvin jones), die zweite auf dem einzigartigen SONNY MEETS HAWK (meets paul bley, muss man hinzufügen). jarrett bezieht sich aber wohl auf die vanguard-version, auf der rollins gar nicht erst das thema spielt, sondern direkt mit der improvisation einsteigt.
ALL THE THINGS YOU ARE ist ja vor allem ein pianisten- und gitarristen-standard – nur wenige saxophonisten haben sich da öfters darangetraut (rollins und hawkins z.b., was sie auch verbindet) und noch weniger trompeter (dizzy und dorham sind die einzigen, die mir einfallen).

FriedrichUlkig finde ich, dass er sich mit einem Stück auf die Sängerin Anita O’Day bezieht. Die wäre mir im Zusammenhang mit KJ nun wirklich nicht in den Sinn gekommen.

mir schon! was findest du daran so ungewöhnlich? sie verbindet doch total ihr technisches können, die virtuosität, die sie zur erweiterung des standard-rahmens nutzen. ALL THE SAD YOUNG MEN ist für mich eine der schönsten vocal-jazz-kompositionen, ist völlig mit anita o’days interpretation assoziiert und stammt von ihrer schönsten und experimentellsten lp. merkwürdiger finde ich (obwohl im ergebnis sehr schön) den tribut an coltrane, ausgerechnet mit der ballade IT’S EASY TO REMEMBER

FriedrichIn Ermangelung von Keith Jarrett-Platten in meinem Regal habe ich mal einen anderen Klassíker des Piano-Trios rausgeholt. Bill Evans AT THE VILLAGE VANGUARD, von vielen kultisch verehrt. Auch sehr schön, aber im Vergleich zu KJ fast schon ein bisschen brav.

den vergleich finde ich auch immer sehr spannend. evans‘ trio ist ja eigentlich ziemlich experimentell aufgestellt, aber bei ihm selbst höre ich auch immer eher das makellose, unangreifbar perfekte, manchmal fast bürokratische, hinter dem aber immer eine melancholie liegt – weniger was suchendes, abenteuerisches. zwei völlig anders gelagerte emotionalitäten.

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