Re: Inglourious Basterds

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kingberzerk

Registriert seit: 10.03.2008

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nail75Hast Du den Film gesehen, king? Wenn ja, was hältst Du davon?

Nur mal so auf die Schnelle:

Ich mag Tarantino, aber formal war ich etwas ernüchtert vom Schnitt. Die Dramaturgie des Films wollte sich mir nicht erschließen, wahrscheinlich hätte ich die Cannes-Version sehen müssen. Die Charakterzeichnung kann Tarantino besser, ich denke vor allem an „Pulp Fiction“. Als Brad Pitt im kehligen Tennessee-Slang die Parole der Basterds skandierte, dachte ich während des ersten Sehens schon an den Soundtrack, was mir allerdings schon bei Lucy Lius Monolog als O-Ren Ishii in „Kill Bill“ passierte.

Alles in Allem hat mich vor allem der Schnitt enttäuscht. Die Kellerkneipen-Szene war wohl die schwächste. Ich mag mir nicht ausmalen, wie die von der hiesigen Presse vielbesungenen Abende der Crew in Kreuzberg ausgesehen haben müssen. Und was Til Schweiger und Diane Krüger anbelangt, so hätten sie gern etwas besser spielen können. Als ich die Nachricht zuerst las, die beiden würden bei Tarantino mitspielen, hatte ich tatsächlich optimistische Anwandlungen und hoffte, Tarantino würde es gelingen, etwas gänzlich Unerwartetes aus den beiden herauszuholen, aber das war zu viel erhofft.

An der Story mochte ich, dass zum Schluss der von Daniel Brühl gespielte Kriegsheld Zoller tatsächlich auch in der Handlung zu seiner eigentlichen Rolle zurückfinden darf (kein Spoiler an dieser Stelle), auch hätte sich die Story näher an der Bande halten können.

Den Beginn fand ich vielversprechend, inszenieren kann Tarantino aber deutlich besser. Mélanie Laurents Erleichterungs-Seufzer nach der Strudel-Szene war eher gleichgültig in Szene gesetzt und verpuffte, besonders im Vergleich zur Adrenalinspritze in „Pulp Fiction“ oder Uma Thurmans Koma-Erwachen in „Kill Bill“. Christoph Waltz war mit Diane Kruger bei einem Verhör sichtlich allein gelassen. Martin Wuttke fand ich gut, aber die Rolle war undankbar – ähnlich hatte er am Berliner Ensemble in Heiner Müllers Inszenierung von Brechts „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ schon mal gespielt.

Spaghetti-Referenzen, David Bowie mit Mélanie Laurent im Fenster, Goebbels und sein letzter Shooter-Film, das Leinwand-Inferno und Details wie die bestellte Milch oder die Pfeife – das war alles sehr schön, aber ich hätte mir mehr Dichte gewünscht und einen viel besseren Flow in der Story. Als Daniel Brühl schließlich die Treppen hochlief, erlebte die Story eine bemerkenswerte Suspense-Kurve. Da lief alles zusammen: der Vorführraum, die Logen, der Backstage-Bereich und der Verhör-Raum. Trotzdem fiel der Film aus meiner Sicht zu sehr auseinander.

Ehrlich gesagt habe ich nicht den Eindruck, dass Tarantino mit „Inglourious Basterds“ ein großer Wurf gelungen ist, aber den Film habe ich trotzdem gern gesehen. Werde mir aber nun die italienische Vorlage anschauen.

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Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.