Re: Me and Kris Kristofferson all over Europe

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sonic-juice
Moderator

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Zunächst: welch ein wahnsinniges Glück hatten, wir dass das Wetter mitspielte! Ich bin direkt vom Flughafen zur Zitadelle Spandau gefahren, noch mit dem vollen Reisegepäck. Selbiges konnte ich nirgends abgegeben, so dass ich den ganzen Krempel mit zum Platz schleifte. Ort der Veranstaltung war der Innenhof der Zitadelle, überdacht war nur die Bühne, davor waren mehrere hundert Klappstühle aufgebaut. Wenn es heftig geregnet hätte, wäre nicht nur die Veranstaltung ins Wasser gefallen, sondern ich hätte auch verdammt dumm dasgestanden mit durchweichtem Gepäck. Ok, es blieb aber erfreulicherweise heiter bis sonnig.

Nach dem Vorprogamm eines Liedermachers aus dem Ruhrpott (u.a. mit Jimmie Rodgers-Cover auf deutsch, brrrr), den wir nur aus der Ferne vom Bierstand hörten, kam dann schon kurz vor 20 Uhr KK auf die Bühne. Wir hatten fantastische Plätze in der ersten Reihe, Klang und Sicht waren großartig, und Kristofferson war bestens aufgelegt. Was die Art seiner Interpretationen auszeichnet, wurde von Bullitt und Grandmaison oben schon treffend beschrieben, ich hatte es auch schon in meinem Bericht zum Hamburg-Konzert vor einem Jahr erwähnt, aber noch mal, in neuen Worten: es ist verblüffend, berührend, ergreifend, begeisternd, mitreißend, wie Kristofferson mit minimalen Mitteln (simple, spartanische Gitarrengriffe, Mundharmonika-Rohkost und ein bärbeißiger Kehlkopf) ein Maximum an Wirkung erzeugt. Er spielte am Samstag fast zwei Stunden (deutlich länger als in Hamburg), ließ keine Wünsche übrig – die ersten beiden Alben fast komplett, viel von „This Old Road“ und einiges seltener gehörtes), scherzte, erzählte und genoss den Abend; insbesondere ein kleiner Junge, der während des Konzerts direkt auf dem Rasen vor der Bühne herumtollte, hatte es ihm angetan.

Das Publikum horchte sehr konzentriert, während den Songs war kein Mucks zu hören, klatschte dann aber um so euphorischer in den Pausen – und nach dem Ende der Zugabe gab es noch eine Viertelstunde standing ovations, es flogen sogar Rosen und Teddybären auf die Bühne. Besondere Freude: auf Zuruf spielte KK spontan den Song „Sky King“, einen sehr amüsanten Talking Blues über einen Hubschrauberpilot, den er noch aus seiner Armeezeit kannte. Der Song hat es offenbar nie ins Studio geschafft, es gibt nach meiner Recherche nur eine Liveaufnahme auf „Broken Freedom Song: Live from San Francisco“. Allmusic schreibt dazu folgende merkwürdige Zeilen. „Sky King,“ a song sung by Vietnam veterans during the war and others later, is a perennial live offeriing by Kristofferson that’s never been recorded before”. (Man fragt sich, inwiefern jemand während des Krieges schon Veteran sein kann und insbesondere woher die Veteranen den Song kannten, wenn KK ihn nie zuvor aufgenommen hat?)

Jedenfalls ein wunderbarer, ergreifender Abend, an dem wirklich alles stimmte. KK war diesmal noch besser als 2007 in Hamburg. Ich würde und werde jederzeit wieder hingehen.

PS: Bullitts Zustimmung vorausgesetzt, würde ich anregen, den Thread allgemein zu „Kristofferson auf Europa-Tour 2008“ umzubennnen, damit nicht jeder einen neuen Thread eröffnen muss.

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