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Hallöchen,
in einem anderen Forum habe ich schon etwas zu LOS ANGELES geschrieben. Ich kopiere das (mit kleinen Änderungen) mal hier rein:
Habe LOS ANGELES von Flying Lotus letzte Woche gekauft und höre sie seitdem immer wieder. Sehr gut! Ein Dickicht von Klängen und Rhythmen, athmospährisch sehr dicht, könnte man klischeehaft sagen, aber der Punkt ist, dass LA so wenig klischeehaft ist. Die Einordnung als Hip Hop ist eher eine Hilfskonstruktion, da alle anderen Stilbegriffe noch weniger passen. Keine fetten Beats, kein großmäuliger Rap, keine plakativen Samples, oder zumindest steht das nicht im Vordergrund. Stattdessen Schichten von Sounds, sich verzwirbelnde Rhythmen, komprimiert und dicht verwoben, das ganze aber eher weich und gleitend produziert. Oft liegt so ein knisternder Schleier über der Musik, der den Eindruck erweckt, man betrachte die Musik durch ein leicht beschlagenes Autofenster während man sich in der Samstagnacht im Taxi durch die Stadt fahren lässt. Die Konturen verschwimmen ein bisschen, manchmal weiß man gar nicht mehr so genau, was im Vordergrund steht und was nur Ornament ist.
LA enthält keine „Hits“, es funktioniert als Ganzes. Es gehen konsequenterweise auch alle Stücke ineinander über, so dass man gar nicht erkennt, wo das eine aufhört und das andere anfängt.
Das schöne an LA (wie auch manch anderer vornehmlich elektronisch erzeugter oder prozessierter Musik) ist die Offenheit und Flexibilität mit der hier mit verschiedensten Klangerzeugern, vorgefunden Klangschnippseln und gezielt eingesetzten Zitaten umgegangen wird. Dinge aus völlig verschiedenen Kontexten vermählen sich, mutieren und ergeben etwas ganz anderes als die Summe ihrer Einzelteile. Das Klischee, das man oft von elektronischer Musik hat ist ja das vom vorprogrammierten Drumcomputer, der eingeschaltet wird und dann lostuckert. Dazu kommt ein flottes Samples und fertig ist der Track. Und das Klischee stimmt ja auch ein Stück weit: Vieles der Elektronik funktioniert so, man kann auf vielen Techno Tracks hören, welcher Drumcompter zum Entstehungsdatum neu auf dem Markt war und was der für neue „Features“ hat.
Aber so eine Platte wie LA ist eben genau anders. Hier wird das Instrumentarium anders gebraucht, als in der Gebrauchsanweisung vorgesehen, die Klänge und Rhythmen werden manipuliert und verschoben bis über die Grenze des von der Technik vorgesehenen hinaus, die Samples so sehr gemorpht, dass sie kaum noch als solche zu erkennen sind, so dass etwas völlig anderes entsteht als es die Beschränkungen des Genres eigentlich vorgeben. Diese Grenzüberschreitungen und -verschiebungen haben bei LA etwas faszinierendes.
Hier gibt es einen Blick in die musikalische Hexenküche von Flying Lotus:
http://www.youtube.com/watch?v=SxwJAxas0sU
Gruß,
Friedrich
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)