Re: Mitteregger – "Insolito"

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Registriert seit: 27.11.2006

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Merkwürdiges Album.
Vor allem die Anordnung der Songs macht die Platte schwerer bekömmlich als nötig. Zudem ist die Produktion stellenweise überfrachtet, scheppernd und zu grell.

Dabei sind die meisten Songs wirklich O.K., was man nach 10 Jahren Vorlaufzeit ja auch erwarten kann. Mitteregger textet noch immer sehr speziell und spannend. Und er hat auch was zu sagen. Musikalisch ist auch weit mehr Vielfalt und Einfallsreichtum als auf den letzten 3 Soloscheiben. Vielleicht macht er viel zu viel selber. Und vielleicht wird ausgerechnet der Drummer Mitteregger auf diesem Album ziemlich unterdrückt, was er mit Wucht zu kompensieren versucht. Und ganz sicher fehlt auch der Airplayhit. Aber die Scheibe hat einiges mit auf den Weg bekommen.

Vor allem der Opener „Schiff“ ist leider zu gewollt. Zu verfremdet gesungen, zu schlecht Gitarre gespielt, zuviel drin rum gesampelt.
Die zweite Nummer leidet vor allem unter der schwachen Produktion. „Leicht“ und vor allem die Klavierballade „Kleiner Campeon“ nehmen dann einen Gang raus und präsentieren den alten Mitteregger.
Track 5 ist hinreichend bekannt und steigert den Erinnerungsgehalt noch weiter. Eine zugegeben schöne neue Version der Spliff-Nummer „Glaspalast“, die allerdings gegen den einztigen Top-Titel aus „Herzlichen Glückwunsch“ nicht gewinnen kann.
Bevor das Album dann gewaltig anzieht, muss man noch das grausame „Weh“ überstehen, welches wirklich jeder Beschreibung spottet und das Album einfach nur verunstaltet.
Dann gibts vier klasse Songs am Stück. „Glückskind“ wäre der notwendige Opener des Albums gewesen. Die Klavierballade „War ja klar“ ist endlich mal geil produziert und stellt mit klarem, prägnanten Gesang den wunderbaren (autibiographisch angehauchten) Text in den Vordergrund. „Deal“ kommt lässig angegrooved und hätte sich auch auf dem neuen Stoppok-Album sehr gut gemacht. Und gleich wieder eine Klavierballade namens “ Wenn Du hier wärst“, die wie kein anderes Lied aus den 80ern importiert zu sein scheint.
Dann wieder ein Ausfall. „Chrosmaister“ ist wohl der unvermeidliche Farbtupfer an spanische Folklore.
„Segeln im Regen“ ist diesmal auch fast ohne Klavier sehr spärlich instrumentiert, aber wunderschön. Springsteens „Philadelphia“ läßt ein bißchen grüssen, finde ich. Eigentlich der klassische Abschluss der Platte. Aber es kommt noch „Bis später“. Für einige Sekunden gehts los wie das gute alte „Kalt wie ein Stein“. Aber das ändert sich schnell und mündet in einen weiteren Stilwechsel in den Swingbereich. Virtuos, schönes Orgelspiel auch, aber ganz sicher nicht meine Baustelle.

Alles in allem aber eine dankenswerte Rückkehr. Mit richtigem Budget hätte das vielleicht sogar seine schönste Soloarbeit werden können. So haben wir eine ziemlich zerrissene Platte mit sieben, acht richtigen guten Songs.

Votum: ***1/2

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