Re: Deutschsprachige Musik

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daniel_belsazar

Registriert seit: 19.04.2006

Beiträge: 1,253

Mikko@Daniel Delsazar

Ich nehme an bei Duffy beziehst Du Dich auf die Single „Mercy“. Die ist nun aber weder für Duffy besonders typisch, noch ist sie Rosenstolz musikalisch besonders ähnlich. Mir fällt jedenfalls kein Titel von Rosenstolz ein, der so aufgebaut wäre. Produktion und Sound mag sogar vergleichbar sein, aber wie latho schon sagte, das ist ja nicht alles, was einen Track ausmacht. Und Dein Eindruck beim Autofahren mit dem Dudelfunk sei Dir unbenommen. Du wirst aber zugeben, dass es wohl eher ein flüchtiger war.

Nein, es waren „Lass es Liebe sein“ und „Warwick Avenue“.

Dass beide Produktionen gefällig genug sind, um sie im Dudelfunk spielen zu können, ist wohl unbestritten.

Gemeinsam ist beiden ferner, dass sie Balladen sind. Rosenstolz ist dabei hymnischer angelegt, Duffy nachdenklich ruhiger.

Die Instrumentierung habe ich als zumindest ähnlich im Sinn, vielleicht dominiert bei Rosenstolz das Keyboard etwas mehr (?).

Auch der kompositorische Ablauf ist bei beiden in etwa gleich.
Das Schema läuft AABAABCB (A=Strophe, B=Refrain, C=Bridge).
Diese Form wird bei Duffy in der Akkord-Begleitung strenger eingehalten, bei Rosenstolz wird die Bridge fast ausschließlich durch die Stimm-Melodie getragen und vermischt sich anschließend wieder mit dem Refrain, wodurch der sich steigernde, hymnische Eindruck am Ende des Stücks erzeugt wird.

Wenn ich es richtig sehe, basiert der Rosenstolz-Titel harmonisch auf f-Moll / AS-dur, Duffy liegt einen darunter in b-Moll. Rosenstolz ist in der Akkord-Begleitung recht einfach in Richtung klassisches Lied gehalten, Duffy basiert eher auf Jazz/Blues-Tradition mit sus- und 7er-Mollakkorden.

Thematisch behandeln beide Stücke die Liebe, jedoch aus unterschiedlichen Aspekten. Während Rosenstolz als Single-Hymne eines Liebe-Suchenden daher kommt, ist Duffys Ballade eine Trennungsgeschichte.

Zu den Stimmen habe ich ja bereits was gesagt. Unzweifelhaft ist Duffys Stimme im Sinne einer Jazz-Traditon deutlich umfangreicher und ausgebildeter. Dafür ist sie allerdings innerhalb dieser Genre-Grenzen klar abgesteckt und in vielen Aspekten nicht sehr individuell, sondern verwechselbar traditionell. Die Stimme von Rosenstolz scheint nicht ausgebildet, bzw. wenn, dann wohl eher in der Brecht/Weilschen „singender Schauspieler“-Tradition. Manchmal kann man den Eindruck bekommen, dass die Töne nicht genau gehalten werden, was allerdings durch Inbrunst wett gemacht wird. Wie viele nicht klassisch „schöne“ Pop-Singstimmen ist allerdings die Rosenstolz-Stimme immer deutlich eigen, Rosenstolz-Lieder kann man an ihr eindeutig und schnell erkennen – auch das ist eine gewisse Qualität.

Und hier mal die Texte, Duffy in meiner freieren Übersetzung (leider sind manche Sprachbilder wie immer nicht einfach so zu übersetzen)

ROSENSTOLZ

Hast du nur ein Wort zu sagen
nur einen Gedanken dann
lass es Liebe sein
Kannst du mir ein Weg beschreiben
mit deinen Farben dann
lass es Liebe sein

Wenn du gehst
wieder gehst
Schau mir noch mal in´s Gesicht
sag´s mir oder sag es nicht
dreh´ dich bitte noch mal um
und ich seh´s in deinem Blick
Lass es Liebe sein
Lass es Liebe sein

Hast du nur noch einen Tag
nur eine Nacht dann
lass es Liebe sein
Hast du nur noch eine Frage
die ich nie zu Fragen wage dann
lass es Liebe sein

wann du gehst
wieder gehst
Schau mir noch mal ins Gesicht
sags mir oder sag es nicht
dreh dich bitte noch mal um
und ich seh´s in deinem Blick
lass es Liebe sein…
lass es Liebe sein…

Das ist alles was wir brauchen
noch viel mehr als große Worte
lass das alles hinter dir!
Fang nochmal von vorne an!
denn
Liebe ist alles,
Liebe ist alles,
Liebe ist alles,
alles was wir brauchen
Liebe ist alles,
Liebe ist alles,
Liebe ist alles,
alles was wir brauchen

Lass es Liebe sein!

Dass ist alles was wir brauchen
noch viel mehr als große Worte
lass das alles hinter dir!
Fang noch mal von vorne an!
denn
Liebe ist alles
Liebe ist alles
Liebe ist alles
alles was wir brauchen

Lass es Liebe sein!
Lass es Liebe sein!

DUFFY

Wenn ich zur Warwick Avenue komme …
Komm ich zum Ausgang der U-Bahn
da können wir eine Weile über alle Dinge sprechen
aber versprich mir, dass du nicht ausflippst

Wenn ich zur Warwick Avenue komme …
Lös dich bitte von der Vergangenheit und sei ehrlich
Und glaub bloß nicht, alles wäre gut, nur weil ich hier bin
Du hast mich tief verletzt, aber ich werde jetzt nicht mehr weinen

Ich verlasse dich nun endgültig, mein Schatz …
Du glaubst zwar du liebst, aber du liebst nicht mich
Ich bin verwirrt und war zuletzt völlig neben der Spur
Du glaubst zwar du liebst, aber ich will frei sein
Schatz, Du hast mich verletzt

Wenn ich zur Warwick Avenue komme …
Verbringen wir vielleicht eine Stunde zusammen, auf keinen Fall aber mehr als zwei
Unsere einzige Chance, noch einmal miteinander zu sprechen
Ich habe dir alle Antworten gegeben, und da ist die Tür.

Wenn ich zur Warwick Avenue komme …
Werde ich dir erklären, das es vorbei ist.

Ich verlasse dich nun endgültig, mein Schatz …
Du glaubst zwar du liebst, aber du liebst nicht mich
Ich bin verwirrt und war zuletzt völlig neben der Spur
Du glaubst zwar du liebst, aber ich will frei sein
Schatz, Du hast mich verletzt

Die ganze Zeit, als wir zusammen waren, habe ich gehofft, dass es besser wird,
und ich wollte nicht, dass es zu Ende ist.
Jetzt ist es passiert, mein Herz ist gebrochen,
es ist, als ob wir niemals zusammen waren.
Die ganze Zeit, als wir zusammen waren, habe ich gehofft, dass es besser wird,
und ich wollte nicht, dass es zu Ende ist.

Du glaubst du liebst, aber du liebst nicht mich
Ich will frei sein, Schatz, Du hast mich verletzt.
Du liebst mich nicht, ich will frei sein
Hast du mich verstanden, mein Schatz?

[Vor allem den letzten Satz finde ich übrigens sehr schön im Englischen, da wird ganz am Ende mit der phonetischen Gleichheit von hurt / heard gespielt (meine Interpretation allerdings).]

Ich denke, beide Texte lassen für Identifikation und Projektion eigener Gefühle ausreichend Platz, es sind allgemein zugängliche Liebessituationen, die fast jeder kennt. Die Haupt-Zielgruppe dürfte im wesentlich identisch weiblich sein, vielleicht Duffy die eher jüngeren (20-30), Rosenstolz die etwas erfahreneren Frauen (30-40).

Warum sollte man das alles nicht vergleichen können? Es gibt einige Ähnlichkeiten, und die Unterschiede liegen nicht wirklich soooooo weit auseinander. Ich bleibe dabei: Der eine mag halt dies, der andere jenes.

--

The only truth is music.