Re: Deutschsprachige Musik

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latho
No pretty face

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Dick Laurentnatürlich, das sagte ich ja. Ich lese nur seit 20 Jahren englische (Fach-)literatur, arbeite die Hälfte des Jahren in Englisch (jetzt grade auch, obwohl in FFM. Scheiß Banken…). Allerdings bin ich mir daher ja meines „mangelhaften“ Englischs bewusst, im Gegensatz zu manch anderen hier… ;-)

Das geht mir genauso, nur noch etwas länger (und nicht mit Banken). Und ich lese und sehe auch privat fast ausschließlich Englisch. Falls ich damit gemeint war. Aber Schluss mit dem Schwanzvergleich: Du setzt vorraus, dass zB. Amerikaner einen Text intuitiv besser verstehen als ein Deutsche – ganz unabhängig von den intrakulturellen Sprachkenntnissen. Du läßt aber die Sprachebene des jeweils Betroffenen außen vor. Und da gibt es Unterschiede, es kommt doch darauf an, wie und welche Sprache man benutzt, ein monolithisches „Ich kann Englisch“ gibt es nicht (ich unterscheide für mich ja auch noch Hören, Lesen, Schreiben und Sprechen). Dazu kommt, um was einen Text es sich handelt. Ich kann mich erinnern, dass wir, als wir auf unserer Austauschschule in den USA Shakespeare lasen und interpretierten, besser waren als die US-Schüler. Das hat jetzt nicht direkt mit Pop-Musik zu tun, ist ein Beispiel.

Herr RossiZu der Frage, ob man in den USA und in Großbritannien generell ein entspannteres Verhältnis zu Pop-Lyrics hat, finde ich gerade im Vorwort der „Sounds“ das passende Beispiel aus den frühen 60ern: Der amerikanische Fernsehmoderator David Susskind wollte durch Rezitation der Lyrics des Darlene Love-Hits „A Fine Fine Boy“ die Banalität der Popmusik demonstrieren, „Prompt begann der neben ihm sitzende Phil Spector, Komponist und Produzent des Stücks, mit den Fingern den Rhythmus auf die Tischplatte zu trommeln. Dazu bemerkte er: Was Sie auslassen, ist der Beat, während sich, wie (der Journalist) Shaw schildert, die Monotonie der Wörter im Muster des Tanzrhythmus aufzulösen begann.“

Die Beatles haben diese bildungsbürgerliche Pop-Kritik selbstironisch aufgegriffen, als sie in einem TV-Special einen ihrer Texte von Peter Sellers im Shakespeare-Stil rezitieren ließen:

A Hard Day’s Night

Genau, zum einen die Tatsache, dass es sich um einen Liedtext handelt (im Gegensatz zu Lyrik etc). Zum anderen funktionieren Sprachen doch auch anders. Wenn in einem englischen Liedtext kurze oder verkürzte Sätze auftauchen, ist das im Gegensatz zum Deutschen nicht ungenau, die Leute wissen ja im allgemeinen, was gemeint ist (außer bei Dylan) – da steht eben Interpretationsarbeit voran, die unbewusst passiert. Ich bin mir nicht sicher, ob das im Deutschen nicht auch möglich ist, mir fällt nur gerade kein Beispiel ein.

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.